Irreparable PVC-Bodenbelagschäden in einem großen Verwaltungsgebäude

Unterdimensionierter Fußbodenkonstruktionsaufbau

Hätten Sie das gewusst?

Aus Fehlern anderer lernen!

In einem Großprojekt von ca. 8.000 m² erhielt der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten den Auftrag, die PVC-Bodenbeläge in Bahnen entsprechend der VOB, Teil C, DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ unter Einbeziehung der allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik/des Fachs zu verlegen bzw. zu kleben. Die PVC-Bodenbelagebene sollte und musste für ständige Nutzung hinsichtlich Stuhlrollen/Drehsessel geeignet sein.

In diesem Fall hat der Auftragnehmer gegenüber dem Besteller empfohlen, den hier in Rede stehenden PVC-Bodenbelag auf ein Dämmsystem zu verlegen bzw. kleben.

Die Klebung der PVC-Bodenbelagbahnen und des vorgenannten Dämmsystems erfolgte mit einem handelsüblichen Dispersionsklebstoff (= Haftklebstoffsystem).

Bereits nach einer Nutzung/Frequentierung der PVC-Bodenbelagebene von ca. einem Jahr hat die Bestellerin gegenüber dem Auftragnehmer Mängelrüge erteilt.

Gerügt wurde, dass im Drehsesselbereich/Stuhlrollenbereich der PVC-Bodenbelag „Zermörserungen“ aufweist und somit im Rahmen der Gewährleistung Fußbodensanierungsmaßnahmen (= Nacherfüllungen) erforderlich waren.

Weiterhin wurde gerügt, dass sich diese hier in Rede stehenden Bodenbelagflächen aufgrund der sich einstellenden Porosität (= Zermörserung) nicht mehr ordnungsgemäß reinigen und pflegen lässt.

Worauf sind diese Fußbodenschäden zurückzuführen und wer hat diesen Sachverhalt nach dem Verursacherprinzip (= Obsiegen/Unterliegen) zu vertreten?

Im Rahmen der qualitativen und quantitativen Bestandsaufnahme der jeweiligen Schadensbilder/Erscheinungsbilder konnte u. a. festgestellt werden, dass die Reinigungs- und Pflegemaßnahmen gegen alle anerkannten Regeln des Fachs im Rahmen der Grundreinigung mit „schwarzen Pad´s“ durchgeführt worden sind.

Sehr deutlich waren auf der Oberfläche des PVC-Bodenbelages in allen Räumlichkeiten „Schleifspuren/Schleifriefen“, bedingt durch den Einsatz der hier in Rede stehenden „schwarzen Pad´s“ zu konstatieren.

Durch die vorgenannte Bearbeitung der PVC-Oberfläche ist diese bereits erheblich nachteilig beeinflusst worden.

Weiterhin konnte festgestellt werden, dass

  1. jeweils im Stuhlrollenbereich/Drehsesselbereich die bereits nachgebesserten PVC-Bodenbelagteile/-stücke aber auch die ursprünglichen PVC-Bodenbeläge „zermörsert“ vorlagen und weiterhin eine Vielzahl „Krakeleerisse“ aufgewiesen haben, 
  2. in den Teilflächenbereichen, wo eine ständige intensive Nutzung mittels Drehsessel/Stuhlrollen stattgefunden hat, der PVC-Bodenbelag  bereits bis zu handtellergroß fehlte, 
  3. unterhalb der PVC-Bodenbelagebene sich unüblicherweise eine sehr weiche, hoch elastische Dämmunterlage, die ebenfalls im Stuhlrollenbereich zerstört, also zermörsert vorlag, befand (ursprüngliche Dicke ca. 3 mm weiche Dämmunterlage). Der Original-PVC-Bodenbelag wies eine Dicke von 2 mm auf, 
  4. innerhalb der Büroräume aber auch in anderen Räumlichkeiten dieses Verwaltungsgebäudes eine Vielzahl Stauchungen des Bodenbelages feststellbar waren sowie unübliche Eindrücke mit einer ungenügenden/mangelhaften Wiedererholbarkeit des Bodenbelages einschließlich der bereits mehrfach genannten sehr weichen Dämmmatte.

Die PVC-Bodenbelagfläche/die PVC-Bodenbelagebene in Verbindung mit der sehr weichen 3 mm dicken Dämmmatte/Dämmsystem entsprechen nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs/der Bautechnik

Der bereits mehrfach genannte 2 mm dicke homogene PVC-Bodenbelag, welcher verlegt/geklebt wurde auf die 3 mm dicke weiche Dämmmatte/Dämmsystem liegt unterdimensioniert vor, bezogen auf die üblichen physikalischen Grundgrößen eines PVC-Bodenbelages, verlegt auf eine übliche Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion (ohne Dämmsystem).

Durch die ständige Nutzung/Frequentierung der Fußbodenkonstruktion mittels Drehsessel/Stuhlrollen entstanden die hier in Rede stehenden Fußbodenschäden.

Hätten Sie das gewusst?

Der Auftragnehmer/Verarbeiter in der Fußbodentechnik ist verpflichtet, unabhängig davon, welche Vertragsgestaltung mit dem Besteller vereinbart worden ist, seine Leistungen entsprechend den anerkannten Regeln des Fachs herzustellen bzw. durchzuführen.

Die Funktionstauglichkeit (= die Funktionalität des Gewerkes) muss gewährleistet sein.

In diesem Fall entsprach der Fußbodenkonstruktionsaufbau eben nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs/der Bautechnik.

Der Auftragnehmer muss bezüglich seines Gewerkes die notwendigen Sachkenntnisse besitzen, um den Auftraggeber/Bauherrn (= Besteller) sachkundig beraten zu können.

Ob und inwieweit in diesem speziellen Fall der hier in Rede stehende Konstruktionsaufbau mit einem Planer/Architekten abgestimmt worden ist, kann der unterzeichnende Sachverständige nicht aussagen.

Der Unternehmer darf sich grundsätzlich nicht ohne eigene Prüfung auf Anordnungen etc. des Bestellers verlassen, selbst wenn dieser von einem Architekten, Fachplaner oder einer sonst kompetenten Person beraten wird.

Der Unternehmer wird nur dann von seiner Mangelhaftigkeit befreit, wenn er die Fehlerhaftigkeit der Anordnungen, Leistungsverzeichnisse usw. auch bei sorgfältiger Prüfung nicht hat erkennen können.

Wenn Anordnungen des Bestellers (Auftraggeber) oder von diesem übermittelte Leistungsverzeichnisse nicht den Vorgaben der anerkannten Regeln der Technik entsprechen, ist der Unternehmer grundsätzlich verpflichtet den Besteller hierauf hinzuweisen.

Somit ist es grundsätzlich die Sache des Unternehmers, die Voraussetzung der Erfüllung der Bedenken-Hinweispflicht im Streitfall zu beweisen.

Die nachfolgende technische Fotodokumentation soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.

Nach oben scrollen