DIN 18202

Wie messe ich richtig und normgerecht den Untergrund entsprechend der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau/Wohnbau“ bezüglich Grenzabweichungen/Ebenheits-toleranzen mittels Richtscheit und Messkeile

Zur Sache

Mit einem speziellen Beweisbeschluss eines Landgerichts wurde der öffentlich bestellte und vereidigte Berufssachverständige und Lehrbeauftragte Siegfried Heuer beauftragt, ein Obergutachten = gerichtliches Beweissicherungsgutachten zu erstatten.

Zu diesem Zweck wurden dem unterzeichnenden Sachverständigen vom Landgericht die Gerichtsakte und weite Anlagen zur Verfügung gestellt. Aus dieser Gerichtsakte und weiteren Protokollangaben anlässlich des Gutachtertermins ist der dieses Bauvorhaben entsprechende Vorgang im Einzelnen ersichtlich, sodass sich weitergehende Darlegungen zwecks Vermeidung von Wiederholungen an dieser Stelle erübrigen.

Weitere Hinweise

Anlässlich des Gutachtertermins wurde zu Protokoll gegeben, dass im Frühjahr 2014 entsprechend dem Angebot der Antraggegnerin, die Bodenbelagarbeiten dieser hier in Rede stehenden Treppenhausanlage durchgeführt worden sind.

Anlässlich des Gutachtertermins hat der unterzeichnende Sachverständige bereits darauf hingewiesen, dass die Treppenstufen in dieser Teppenhausanlage, wie aus der Gerichtsakte ersichtlich, von der Antragstellerin nicht gerügt werden kann, sondern überwiegend das „Anarbeiten“ des Synthesekautschukbodenbelages an eine vorhandene Natursteinplattenebene (vor den Treppenstufen befindet sich jeweils eine Reihe Naturstein).

Grundsätzlich sind Treppen (Außen- und Innentreppen) gemäß der DIN 18 065 „Gebäudetreppen- Definition, Messregeln, Hauptmaße“ auszuführen und da heißt es wie folgt:

            „…

            Die Toleranzen sind hier für das Maß der Treppensteigung und des Auftritts auf 5 mm begrenzt. Die Oberseiten von Auftrittsflächen dürfen in der Auftrittstiefe max. ± 1 % von der waagerechten Lage abweichen. Diese Regelung kann für Innentreppen im Fall eines geringen Kontergefälles als noch Praxistauglich angesehen werden.

            …“

Aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes hat der unterzeichnende Sachverständige die nachfolgenden Prüfungen/Messungen an Ort und Stelle wir folgt vorgenommen bzw. durchgeführt.

a)        Mit einem Präzisionsgerät = µ – Bereich erfolgten Höhenmessungen/Höhendifferenzen zwischen der Natursteinplattenebene und des Synthesekautschuk- Bodenbelages,

b)        mittels Richtscheit und Messkeile erfolgten Prüfung der Höhendifferenz zwischen Natursteinplatte und des Synthesekautschukbodenbelages,

c)         mittels Richtscheit und Messkeile erfolgten Ebenheitsmessungen nach DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau/Wohnbau“ in der Fläche = Treppenhausanlage.

            Die nachfolgenden Werte wurden ermittelt:

Obergeschoss:

Messung mit Präzisionsmessgerät:

  • 0,55 mm;
  • 0,71 mm;
  • 0,96 mm;
  • 1,92 mm;
  • 1,9 mm;
  • 1,79 mm.

Messung mit Richtscheit und Messkeile unmittelbar von der Natursteinplatte zum Synthesekautschuk-Bodenbelag hingehend:

  • max. 3 mm auf einem Nennmaß von 86 cm.

In dieser Form erfolgten weitere Messungen in den jeweiligen Flächenbereichen und zwar jeweils mit dem Präzisionsmessgerät und mittels Richtscheit und Messkeile.

Es wurden sehr unterschiedliche Werte festgestellt bzw. nachgewiesen.

Besondere Anmerkungen

Bezogen auf die vorgenannte DIN 18 202 = „Toleranzen im Hochbau/Wohnbau“, Ausgabe April 2013 (Ersatz für DIN 18202:2005-10) wird in Zukunft der Begriff „Ebenheitstoleranz“ durch die Begriffe „Ebenheitsabweichung“ und „Grenzwert für Ebenheitsabweichung“ beschrieben bzw. benannt.

Auch der Begriff „Winkeltoleranz“ wird durch den Begriff „Winkelabweichung“ und „Grenzwert für Winkelabweichung“ neuerdings beschrieben.

Die vorgenannte Norm gilt für die im Abschnitt 5 festgelegten Toleranzen; sie gilt für Bauwerke und deren Teile.

Auf der Basis der zuvor genannten Arbeitsunterlagen ist auszusagen, dass grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen nachfolgenden Begriffen:

Winkelabweichung

Differenz zwischen Ist- und Nennwinkel, angegeben als Stichmaß bezogen auf ein Nennmaß,

Ebenheitsabweichung

Istabweichung einer Fläche von der Ebene, angegeben als Stichmaß bezogen auf einen Messpunktabstand,

Grenzabweichung

Differenz zwischen Höchstmaß und Nennmaß oder Mindestmaß und Nennmaß,

Grenzwert für Winkelabweichung

Stichmaß als Grenzabweichung vom Winkel,

Grenzwert für Ebenheitsabweichungen

Stichmaß als Grenzabweichung von der Ebene,

Flucht

Verbindungslinie zwischen zwei Punkten,

Fluchtabweichung

Istabweichung eines Punktes von der Flucht, angegeben als Stichmaß bezogen auf ein Nennmaß,

Grenzwert für die Fluchtabweichung

Stichmaß als Grenzabweichung von der Flucht,

 

Messpunktabstand

Die Ebenheitsabweichung ist die zulässige Abweichung von einer ebenen Fläche, die auch geneigt sein kann.

Die Prüfung der Ebenheit/Ebenheitsabweichungen an Bauteilflächen erfolgt unabhängig von dem Grenzwert für Winkelabweichungen und dem Grenzwert für die Fluchtabweichung.

Für die Beurteilung der Ebenheit gilt das Stichmaß zwischen der Verbindungsgeraden zweier Hochpunkte und dem dazwischen liegenden tiefsten Punkt oder umgekehrt.

Hierbei wird der Messpunktabstand von der Lage der Hochpunkte bzw. Tiefpunkte bestimmt.

Als zweckmäßigstes Verfahren zur Prüfung der Ebenheit hat sich die Messung mit Richtlatte und Messkeil/Messkeile aus Metall bewährt.

Die Richtlatte darf zur Prüfung nicht lot- oder waagerecht ausgerichtet werden.

Bewährt hat sich eine Richtlatte mit oberseitiger cm-Teilung und Halterung, die eine schnelle Ermittlung des Messpunktabstandes und ein problemloses Verschieben der Richtlatte ermöglicht.

Auch beim Messkeil sollte die mm-Teilung in die Oberseite eingeritzt, also deutlich sichtbar sein.

Ist eine Überprüfung der Gesamtfläche erforderlich, wird vor der Prüfung die Fläche mit Messlinien mit gleichem Abstand unterteilt.

Weiterhin ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Prüfung einer Gesamtfläche selbstverständlich auch auf einzelne Punkte beschränken kann, wenn dies notwendig oder zweckmäßig erscheint.

Ein Prüfverfahren für die Ebenheitsmessungen wird in Arbeitsunterlagen nicht in besonderer Weise vorgeschrieben, so dass bei Flächen, die eine Prüfung z. B. mit der 4m-Messlatte nicht zulassen, kürzere Abstände auch gewählt werden können.

Bei der Prüfungsdurchführung wird in jeder Lage der Messlatte der Abstand zwischen zwei Auflagepunkten (dies ist der Messpunktabstand) und der größte Spalt zwischen der Bauteiloberfläche und der Unterkante der Richtlatte (dies ist die festgestellte Ebenheitsabweichung – das Stichmaß) mittels Messkeil ermittelt.

Unter Berücksichtigung der zuvor dargelegten Einzelsachverhalte (die Prüffläche kann auch geneigt sein) darf die Richtlatte zur Prüfung selbstverständlich nicht lot- oder waagerecht ausgerichtet werden.

Unter auskragenden Enden der Richtlatte darf nicht die Ebenheitsabweichung ermittelt werden.

Als Ausnahme gilt in diesem Zusammenhang der Flächenbereich zu nennen, wo mit nur einer „(Auf-)wölbung der Abstand der Messpunkte durch angrenzende Bauteile bestimmt wird.

In diesem Zusammenhang liegt die Bezugsgerade für die Ebenheitsmessung so, dass die Tiefpunkte den gleichen Abstand zu dieser Bezugsgeraden haben.

Besonderer Hinweis

Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen sind aus der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

 

Spalte

1

2

3

4

5

6

Zeile

Bezug

Stichmaße als Grenzwerte in mm bei Messpunktabständen in m bis


     0,1          1a)             4a)                10a)              15a)b)

1

Nichtflächenfertige Oberseiten von Decken, Unterbeton und Unterböden

10

15

20

25

30

2

Nichtflächenfertige Oberseiten von Decken, Unterbeton und Unterböden mit erhöhten Anforderungen, z. B. zur Aufnahme von schwimmenden Estrichen, Industrieböden, Fliesen- und Plattenbelägen, Verbundestrichen.
Fertige Oberflächen für untergeordnete Zwecke, z. B. in Lagerräumen, Kellern

 

 

 

 

5

 

 

 

 

8

 

 

 

12

 

 

 

15

 

 

 

20

3

Flächenfertige Böden, z. B. Estriche als Nutzestriche, Estrich zur Aufnahme von Bodenbelägen
Bodenbeläge, Fliesenbeläge, gespachtelte und geklebte Beläge

 

 

2

 

 

4

 

 

10

 

 

12

 

 

15

4

Wie Zeile 3, jedoch mit erhöhten Anforderungen

1

3

9

12

15

5

Nichtflächenfertige Wände und Unterseiten von Rohdecken

5

10

15

25

30

6

Flächenfertige Wände und Unterseiten von Decken, z. B. geputzte Wände, Wandbekleidungen, untergehängte Decken

 

 

3

 

 

5

 

 

10

 

 

20

 

 

25

7

Wie Zeile 6, jedoch mit erhöhten Anforderungen

2

3

8

15

20

a     Zwischenwerte sind den Bildern 4 und 5 zu entnehmen und auf ganze mm zu runden.
b    Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen der Spalte 6 gelten auch für Messpunkteabstände
     über 15 m.

Zusammenfassende Beurteilung

Zum Zeitpunkt des Gutachtertermins war die Nutzungs- und Gebrauchstauglichkeit der Synthesekautschuk-Bodenbelagebene nicht beeinträchtigt. Je nach Lichtreflektion/Lichteinfall war das Gesamtbild der Synthesekautschuk-Bodenbelagebene aufgrund der beschriebenen Anarbeitungen an die Natursteinplattenebene und auch „flächenbezogen“ aufgrund von Vertiefungen auf kurzen Nennmaßbereichen hinsichtlich des Geltungsnutzens beeinträchtigt (siehe Messergebnisse mittels Richtscheit und Messkeile sowie Prüfungsergebnisse mit dem bereits mehrfach genannten Präzisionsmessgerät).

Fakt ist, dass jedoch ein gleichmäßiges Anarbeiten des Synthesekautschuk-Bodenbelages an die Natursteinplattenebene nicht überall gegeben war bzw. vorlag, es wurden jedoch keine Werte = Höhendifferenz von ≥ 4 mm ermittelt.

Besondere Anmerkung

In den Erläuterung zur DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ heißt es unter anderem wie folgt:

 „Höhenversätze bis 2 mm sind an Profilen/Einbauten häufig nicht vermeidbar. Aus der DIN 18 202 lässt sich kein verbindliches Abmaß herleiten. Anerkannter Stand der Technik ist ein höchstzulässiges Abmaß von 4 mm. Dies ist auch nach der Arbeitsstätten-verordnung zur Umsetzung der EG-Einzelrichtlinie, Arbeitsschutz zulässig. Als Stolperstellen gelten im Allgemeinen Höhenunterschiede von mehr als 4 mm (auch nach den berufsgenossenschaftlichen Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGR-Nr. 181). Für behinderungs-gerechtes Bauen sind jedoch nur 2 mm maximal zulässig.

Die Ebenheit im Bereich von Brandschutz-/Schallschutztüren etc. kann auch höhere Anforderungen an den Untergrund erfordern. Dieses sind Sonderfälle und besonders auszuschreiben. Das Angleichen an erforderliche Höhenlagen sowie an Türen und Schienen ist eine besondere Leistung und extra zu vergüten. Die vorgenannten Grenzwerte gelten für besonders festgelegte Bereiche. Für den allgemeinen Gebrauch lassen sich keine Grenzwerte für Stolperstellen festlegen, da individuelle Einflüsse eine große Rolle spielen.

Für das Ausgleichen unrichtiger Höhenlage des Untergrundes ist der Bodenleger nicht zuständig. Er hat jedoch die Verpflichtung die Höhenlage darauf hin zu prüfen, ob nach Aufbringung des Bodenbelages keine Höhenunterschiede zwischen den angrenzenden Bauwerksteilen zum Beispiel zwischen Räumen und Fluren bestehen. Zu beachten sind auch die Höhen anschließender keramischer Bodenplatten, Parkettböden, Türschlagschienen usw.. Auch Untergründe die gegenüber angrenzender anderer Bodenbeläge zu hoch liegen sind zu beanstanden, dass heißt derartige Bedenken sind dem Auftraggeber gegenüber vor Ausführung der Bodenbelag-arbeiten schriftlich geltend zu machen. …“

Es kann noch einmal bestätigt werden, dass sogenannte „Stolperstellen“ von ≥ 4 mm als Höhendifferenz im Übergangsbereich zwischen Natursteinplattenebene und Synthesekautschuk-Bodenbelagebene nicht vorhanden sind. Ebenheitsmessungen nach der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau/Wohnbau“ mittels Richtscheit und Messkeile erfolgt selbstverständlich von „Auflage zu Auflage“, jedoch nicht mittels „Wasserwaage“ und auch nicht über „buckelartige Erhöhungen“ = Höhendifferenzen

Der Fotobericht  soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.

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