Holz lügt nicht!
Im Fokus der Zeit
Deckschichtlamellenablösungen „Mehrschichtparkettelemente“

Mängelrüge/Beanstandung = Gewährleistungsmängel, die für einen Auftragnehmer mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt bei der Verlegung/Klebung nicht erkennbar waren bzw. nicht erkennbar sind.
 
In einer größen Wohnanlage (= Mietwohnanlage) wurden vor ca. 10 Jahren auf eine vorhandene zementäre Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten Mehrschichtparkettelemente vollflächig/großflächig verlegt bzw. geklebt.
Es handelt sich hierbei um eine beheizte zementäre Lastverteilungsschicht/Estrich­konstruktion (= Fußbodenheizung).
Im Rahmen von Mieterwechseln hat sich der Bauherr (= der Vermieter) bereit erklärt, das Mehrschichtparkett neu zu versiegeln, nach entsprechenden Mattierungs- und Schleifmaßnahmen.
Der vorgenannte Oberflächenschutz wurde jeweils Zug um Zug in verschiedenen Wohnungen (= Mietwohnungen) neu hergestellt.
Unmittelbar nach der vorgenannten Versiegelung (Neuherstellung des Oberflächenschutzes der Mehrschichtparkettflächen) erfolgten Beanstandungen der Mieter gegenüber dem Vermieter mit dem Hinweis, dass sich die Deckschichtlamellen verformen bzw. ablösen.
Die Volumenveränderungen der Nutzschichtlamellen seien über den vorgenannten Zeitraum (unmittelbar nach der Neuversiegelung) bis zum Gutachtertermin kontinuierlich extrem geworden.
Der neue Oberflächenschutz 2-K Polyurethanlack steht mit diesen Nutzschichtlamellenablösungen in keinem kausalen Zusammenhang.
Feststellungen anlässlich des Gutachtertermins im Rahmen der qualitativen und quantitativen Bestandsaufnahme
Die Nutzungs- und Gebrauchstauglichkeit der Mehrschichtparkettflächen in den jeweiligen Mietwohnungen war erheblich beeinträchtigt und die Wertschöpfung/Wert­erhaltung des Mehrschichtparkettmaterials kann nicht mehr gewährleistet werden.
Aufgrund der unüblichen extremen Ablösungen und Verformungen der Nutzschichtlamellen des Mehrschichtparketts besteht in den Mietwohnungen eine akute Unfallgefahr.
Die vorgenannten Nutzschichtlamellen des Mehrschichtparkettmaterials haben sich nicht nur erheblich konkav verformt, sondern haben sich teilweise auch regelrecht von der Mittellage/Trägerschicht gelöst.
Eine funktionsfähige Arretierung der Nutzschichtlamellen mittels Leim zur Trägerschicht hingehend war nicht feststellbar.
Die Mehrschichtparkettelemente/Mehrschichtparkettflächen sind, insbesondere bezogen auf den „Barfußbereich“, aufgrund der beschriebenen Gesamtsituation nicht mehr geeignet.
Einzelne Parkettlamellen/Nutzschichtlamellen sind zwischenzeitlich gespalten und weisen auch „Holzsplitterungen“ auf.
Die Arretierung/Klebung der Parkettträgerschicht mittels Klebstoff zur Lastverteilungsschicht hingehend ist als sehr gut einzustufen.
Hohlleger und/oder Ablösungen der Mehrschichtparkett-Trägerschicht, also der Parkettelemente waren zum Zeitpunkt des Gutachtertermins nicht feststellbar.
Die schwächste Zone befindet sich jeweils bezogen auf die Arretierung der Nutzschichtlamellen mittels Leim zur Weichholz-Trägerschicht hingehend.
In diesem vorgenannten „Schwachzonenbereich“ konnte eine funktionsfähige Klebung nicht mehr festgestellt werden.
Wasserränder und/oder Feuchtigkeitseinflüsse wurden im Rahmen der Begutachtung innerhalb der hier in Rede stehenden Mehrschichtparkettflächen in den jeweiligen Mietwohnungen nicht festgestellt.
Weitere Feststellungen im Rahmen des Gutachtertermins
An Ort und Stelle wurden die nachfolgenden raumklimatischen Bedingungen ermittelt:
Relative Luftfeuchtigkeit oberhalb der Parkettebene: 59,2 %
Bodentemperatur:                                                  18,5° C
Taupunkttemperatur:                                             10,1° C
Diese raumklimatischen Bedingungen wurden ermittelt mit dem Infrarot-Thermo­meter mit Switch-Optik „Testo 845“. Hierbei handelt es sich um ein elektronisches Infrarotgerät mit umstellbarer Optik für Messungen im Fernfeld und im Scharfpunkt. Ausgerüstet mit einer sehr hellen Kreuzlasermarkierung zur Darstellung des realen Messbereichs. Referenzgenauigkeit +0,75 °C mit enorm schneller Messtechnik (Scanning 100 ms), Auflösung 0,1 °C, Messbereich -35 °C … +950 °C.
Bei den vorgenannten Werten der relativen Luftfeuchtigkeit und der Bodentemperatur handelt es sich um Mittelwerte aus einer Vielzahl Einzelmessungen.
Weitere orientierende Holzfeuchtemessungen innerhalb der Weichholzträgerschicht mit dem Gerät „Gann-Hydromette 4050“ mittels Einschlagelektrode ergaben Werte von i. M. 9 % Holzfeuchtigkeit.
Irgendeine erhöhte Feuchtigkeitseinwirkung bezüglich Klebstoffreemulgierung/Ver­seifung oder Ähnliches konnte an Ort und Stelle in den hier in Rede stehenden Mietwohnungen nicht festgestellt werden.
Die gravimetrischen Feuchtigkeitsbestimmungen der persönlich entnommenen Parkettproben ergaben Werte zwischen 7,78 Gew.-% und 9,60 Gew.-%.
Schadensparameter nach dem Verursacherprinzip
Analytische Untersuchungen sowie mikroskopische Untersuchungsmaßnahmen haben bestätigt, dass in diesem Fall der Leim, der die Deckschichtlamellen zur Weichholz-Trägerschicht hingehend arretieren soll, überproportional gealtert vorlag bzw. nicht mehr funktionsfähig vorlag.
Zu fast 95 % haben sich die Deckschichtlamellen von der Trägerschicht des Mehrschichtparkettmaterials gelöst.
Aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes haben sich die Deckschichtlamellen unter Würdigung und Beachtung der wechselnden raumklimatischen Bedingungen und unter Würdigung/Beachtung einer beheizten zementären Lastverteilungsschicht einer Verformung/Schüsselung unterzogen.
Irgendwelche Bruchzonen an der Rückseite/Unterseite der Deckschichtlamellen oder auf der Oberfläche der Weichholz-Trägerschichten des Mehrschichtparkettmaterials wurden nicht festgestellt.
Die Leimphase weist eine geringe Durchlaufmenge Leim/Klebstoff auf; eine funktionsfähige Zerquetschung der Riefen/Klebstoffkuppen war ebenfalls nachweisbar.
Der vorgenannte Sachverhalt bestätigt eindeutig, die produktionstechnisch ungenügende Klebung/Arretierung der Deckschichtlamellen zur Trägerschicht hingehend sowie die bereits mehrfach genannte überproportionale Alterung des eingesetzten/verwendeten Leims.
Aufgrund dieser ungenügenden/mangelhaften Arretierung über die bereits mehrfach genannte Zeitschiene kam es zu diesen Ablösungen der Nutzschichtlamellen. Forcierend waren auch noch die Schleifmaßnahmen für die Neuherstellung des Oberflächenschutzes.
In Fachkreisen ist bekannt, dass Holz hygroskopisch ist, d. h. es passt seinen Feuchtigkeitsgehalt der jeweils herrschenden Luftfeuchtigkeit an.
Das Holz ist in der Lage der Luft Wasserdampf zu entziehen und im umgekehrten Fall wieder abzugeben.
Ändert sich also die Luftfeuchtigkeit, so ist das Holz bestrebt sich dieser Änderung anzupassen.
Der Zustand der Anpassung wird Holzfeuchtigkeitsgleichgewicht genannt.
Nimmt die Feuchtigkeit der Luft z. B. in Folge Heizens im Winter ab, dann gibt das Holz so lange Feuchtigkeit ab, bis es mit der Feuchtigkeit der Luft in einem Gleichgewicht steht.
Holz quillt oder schwindet also bei Änderung der Eigenfeuchtigkeit.
Bei Buche z. B. ist dies quer zur Holzfaser etwa 0,31 % je 1 % Feuchtigkeitsänderung.
Die vorgenannte Zahl gilt nur für die freie, unbehinderte Quellung, d.h. wenn, wie in diesem Fall, eine Nutzschichtlamelle eine mangelhafte Arretierung/Klebung zum Untergrund hingehend aufweist.
Aus der Sicht des Verfassers handelt es sich also hierbei um einen für den Auftragnehmer für Parkettarbeiten mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt nicht erkennbaren Sachverhalt.
Aufgrund der beschriebenen mehrjährigen Nutzung der Mehrschichtparkettflächen (zwischen 9 bis 10 Jahren) ist die Gewährleistung für den Auftragnehmer sowieso abgelaufen, juristisch müsste dementsprechend geklärt werden, inwieweit der hier in Rede stehende Sachverhalt einer 10jährigen oder auch 30jährigen Gewährleistung juristisch und vertragsrechtlich durchgreift (gegenüber dem Hersteller des Mehrschichtparkettmaterials).
Die nachfolgende
technische Fotodokumentation
soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.
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