Wer hat die Beweislast?
Urteil OLG Hamburg, Az.: 13 U 19/01
„Beruht der Mangel einer Werkleistung auf mehrere Ursachen, die teils in den Verantwortungsbereich des Bestellers, teils in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fallen, so muss nach der Abnahme der Besteller beweisen, dass keine in seinen Verantwortungsbereich fallende Ursache auch nur mit ursächlich für den Schaden ist“.
Aus der Praxis für die Praxis
Fallbeispiel
In einem gerichtlichen Beweissicherungsverfahren/selbständigen Beweissicherungsverfahren hat das zuständige Gericht u. a. den nachfolgenden Beweisbeschluss erlassen:
Weisen die Dielenbretter Mängel, insbesondere Löcher und Risse auf, welche einer Qualität 1. Wahl nicht entsprechen?
Entspricht das Farbenspiel der Dielungen – insbesondere der 160 cm langen zu den 205 cm langen Brettern – einer Auswahl und Verlegung nach den Regeln der Technik?
Entsprechen die Randabstände der Dielungen zu den Wänden und übrigen festen Bauteilen den Regeln der Technik?
Weisen Dielenbretter Mängel, insbesondere Löcher und Risse auf, welche mittlerer Art und Güte nicht entsprechen?
Sind die Arbeiten insgesamt entsprechend den Herstellerrichtlinien und den Regeln der Technik ausgeführt?
Der Verfasser dieses Fachbeitrages hatte in besonderer Weise darauf hingewiesen:
„Die Arbeiten sind frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit haben. Soweit es über eine Beschaffenheit keine Vereinbarung gibt, hat der Auftragnehmer das Werk so herzustellen, dass sich das Werk für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet.“
Anlässlich des Gutachtertermins wurde die in Rede stehende Massivholzdielung , Holzart „Buche“, entsprechend dem Beweisbeschluss des Gerichtes überprüft.
Bei der Inaugenscheinnahme wurden insgesamt drei Astlöcher im Durchmesser von 3 mm bis 5 mm festgestellt, welche zum Teil nicht vollständig geschlossen waren.
Das gesamte Erscheinungsbild der Holzdielung bezüglich der Oberflächenstruktur wirkte erheblich lebhaft.
Des Weiteren wurden in der Massivholzdielung die nachfolgenden „Astanteile“ ermittelt:
· ca. 30 bis 35 Äste mit einem Durchmesser bis 4 mm
· ca. 20 Äste mit einem Durchmesser von 3 mm bis 15 mm
· 8 Äste mit einem Durchmesser von 15 mm bis 25 mm.
Weiterhin wurde bei einer Massivholzdiele ein Längsriss im Kopfstoßbereich mit einer Länge von ca. 100 mm bis 110 mm konstatiert.
Bei den weiteren Überprüfungen konnte der Nachweis erbracht werden, dass die Fußbodenkonstruktion, also die Dielenkonstruktion einschließlich Unterbau im Leibungsbereich des Türfutters und auch in vielen anderen Bereichen der Wandkonstruktion „hart angearbeitet“ vorlag.
Eine funktionsfähige Randfuge/Raumfuge lag in diesen vorgenannten Teilflächenbereichen nicht vor.
Obwohl zum Zeitpunkt des Gutachtertermins die Nutzungs- und Gebrauchstauglichkeit der Holzdielenebene nicht beeinträchtigt war, liegen jedoch Beeinträchtigungen des Gesamtbildes hinsichtlich des Geltungsnutzens vor.
Hierbei handelt es sich also um einen Sachmangel.
Die Holzdielenherstellerin und somit auch die Handelsfirma nennen diesbezüglich entsprechende Sortierungsmerkmale gemäß der werkseitigen Produktbeschreibung
Massivholzdielung „Buche“
zugelassene Toleranzen gemäß DIN EN 13 226
Holzfeuchte 9 + 2%
Breitentoleranz + 0,20 mm
Dickentoleranz + 0,20 mm
Rechtwinkligkeit 0,20 % bezogen auf die Dielenbreite
Querwölbung 0,70 % bezogen auf die Dielenbreite
Längswölbung 0,50 % bezogen auf die Dielenlänge
Besonderer Hinweis
Sortierungsmerkmale – Werksortierung gemäß DIN EN 13 226
Äste geschlossen: bis max. 10 mm
Äste offen (nicht durchgehend): nicht zugelassen
Kopfkantenrisse: nicht zugelassen
Risse: nicht zugelassen
Haarrisse: zugelassen
Wurmlöcher: nicht zugelassen
Lattungskennzeichnung: nicht zugelassen
Farbunterschiede: geringes Farbspiel zulässig
Rotkern: bis 5 % der Dielenoberfläche zulässig
Einläufer: zugelassen.
Schlussbetrachtung
In aufrecht stehender Haltung aber auch in gebückter Haltung konnte, je nach Lichtreflektion und Lichteinfall festgestellt werden, dass innerhalb der Massivholzdielenebene mehrere Astlöcher mit einem Durchmesser von > 3 mm vorhanden waren bzw. vorliegen.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der farblichen Abgrenzungen/Abweichungen der nebeneinander liegenden Holzdielen das Gesamtbild der Holzdielenebene hinsichtlich des Geltungsnutzens beeinträchtigt war bzw. vorliegt. Laut den Sortierungsmerkmalen des Herstellers ist nur ein geringes Farbspiel zulässig bzw. lt. Produktenhaftung/Prospekthaftung zugesichert worden.
Im Rahmen der visuellen Überprüfung konnte jedoch festgestellt werden, dass das zulässige Farbspiel durch eine ungünstige Auswahl der Holzdielen (nicht vorsortiert) das Gesamtbild hinsichtlich des Geltungsnutzens nachteilig beeinflusst hat.
So wurden z. B. extrem helle Massivholzdielen unmittelbar neben extrem dunkle Massivholzdielen verlegt, wodurch sich aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes für den Betrachter ein sehr unruhiges, negatives Erscheinungsbild abzeichnet.
In diesem Fall waren die Leistungen des Auftragnehmers nicht frei von Sachmängeln, bezogen auf die vereinbarte Beschaffenheit.
Autor dieses Fachbeitrages ist der Berufssachverständige des ISH: Siegfried Heuer, Koblenz