Schimmel - Ja oder Nein

Gutachterauftrag

a)Welche negativen Erscheinungsbilder weisen die entsprechenden Wohnräume auf ?
b) Sind die bemängelten Flächen in den jeweiligen Wohnräumen mit Schimmel-
Pilz befallen ?
c)Wer ist nach dem Verursacherprinzip für die Beseitigung der negativen Erscheinungsbilder in Form von Schimmelpilzbildung und den daraus entstehenden Kosten zuständig ?
d)Wie sind die Wohnräume in einen ordnungsgemäßen Zustand zu bringen ? 
Der Gutachtertermin wurde mit der Mieterin und dem Unterzeichner auf Freitag, den 05. Dezember 2008 14.30 Uhr festgelegt.
Anwesende Personen
                 Als Mieter                                       Frau xxxxxxx
                 Als Sachverständiger                     Herr Neusser
Zur Sache
Die Mieterin der Wohnräume xxxxxxxxxxxxxx hat die Auftraggeberin, Frau xxxxx darüber informiert, dass sich in den von ihr gemieteten Wohnräumen Schimmelpilze gebildet habe.
Grund für diese Aussage seien optische Wahrnehmungen.
Diese Aussage wurde bei dem Gutachtertermin am 05.Dezember 2008 von der anwesenden Partei bestätigt.
Feststellungen anlässlich des Gutachter-Termins am Freitag den 05. Dezember 2008
Es wurde in folgenden Bereichen Schimmelpilz festgestellt:
Schlafzimmer
Auf der innenseitigen Außenwand sowie unter der Decke vornehmlich im Bereich der Eingangstür punktuell verteilt. In der linken Außenecke in einer Größe von ca. 20 x 3 cm. 
Wohnzimmer
Im Anschluss Wand zum rechten Balkontürrahmen sowie unter der  rechten Beton-Auskragung über dem Heizkörper auf einer Fläche von ca. 20 x 10 cm. punktuell verteilt.
Im Anschluss Wand zum linken Balkontürrahmen in der Höhe von ca.15 cm und ca. 50 cm. auf einer Fläche von jeweils ca. 5 x 2 cm. 
Küche
In der jeweils linken und rechten oberen sowie in der linke unteren Außenecke beginnender Schimmel leicht punktuell vorhanden.
Um die Möglichkeit zu überprüfen, ob aufgrund nicht ausreichender Fassaden-Dämmung eine Taupunktverlagerung in den Innenbereich des Hauses bzw. die zuvor beschriebenen Wohnräume entstehen kann, und sich aus diesem Grunde Schimmelpilze bilden könnten, wurde durch den unterzeichneten Sachverständigen eine Sichtprüfung der Räumlichkeiten vorgenommen.
Bei dieser Sichtprüfung wurden diverse Messungen des Raumklimas in Verbindung mit der Innen- und Außentemperatur vorgenommen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, werden nachfolgend die Messgeräte aufgeführt, welche zur Ermittlung der raumklimatischen Daten eingesetzt wurden.
Wandoberflächentemperatur
Infrarot Thermhygrometer
Trotec – 250
Raumluftfeuchte
Digital Hygrothermometer
GFTH – 95
Widerstandsmesser elektrisch
Protimeter Mini 3
Dialektischer Feuchteindikator
Trotec – 650
Wärmebrückenberechnung ausgewählter Punkte:
Der Temperaturfaktor FRsi  muss nach DIN 4108 – 2 1981 – 08 (4) die folgende Mindestanforderung erfüllen:
(Gebäude vor 2001 errichtet)
Tsi = Oberflächentemperatur Aussenwand /Innenseite
Te = Aussentemperatur
Ti = Innenraumtemperatur Luft
 
FRsi = (tsi – te) / (ti – te) >= 0,64
Messbedingungen:
Die Aussentemperatur während der Messung betrug 9 °C, Windgeschwindigkeit 11 km, relative Luftfeuchte 82 %
Die raumklimatischen Messungen ergaben wie folgt:
 
                   Schlafzimmer              
Raumlufttemperatur 18,3 °C
Raumluftfeuchte 54,40 %
Oberflächentemperatur im Xel oben links 12,5 °C
FRsi (12,5 – 9) / (18,3 – 9) = 3,5 / 9,3 = 0,37
Ergebnis: Mindestanforderung an den Wärmeschutz nicht erfüllt.               
 Küche                          
Raumlufttemperatur 18,9 °C
Raumluftfeuchte 48,10 %
Oberflächentemperatur im Xel oben links 13,5 °C
FRsi (13,5 – 9) / (18,9 – 9) = 4,5 / 9,9 = 0,45
Ergebnis: Mindestanforderung an den Wärmeschutz nicht erfüllt.
             Wohnzimmer   
Raumlufttemperatur 18,9 °C
Raumluftfeuchte 48,10 %
Oberflächentemperatur unter der Betonauskragung/Wand 13,7 °C
FRsi (13,7 – 9) / (18,9 – 9) = 4,7 / 9,9 = 0,47
Ergebnis: Mindestanforderung an den Wärmeschutz nicht erfüllt.
             Die Widerstandsmessungen in den jeweiligen Eckbereichen ergaben:
                   Schlafzimmer:165 Digits
                    Küche: 165 Digits
                   Wohnzimmer: 165 Digits
                  Erläuterung:
Zur Orientierung der quantitativen Baufeuchtemessung werden folgende Indikatoren verwendet:
< 40 Digits             = trocken
40 – 80 Digits        = feucht
> 80 Digits             = nass
Demzufolge waren die gemessenen Bereiche nass.
Zum Zeitpunkt des Ortstermins waren alle Fenster geschlossen.
Die Heizkörper waren lauwarm auf Stufe 2 gestellt.
Auf Befragen gab Frau xxxxx zu Protokoll, dass sie immer heize.
Anmerkung: 
Die Darstellung des FRsi-Faktors ist lediglich richtungweisend, wobei sämtlich anderen Faktoren berücksichtigt werden müssen, um eine definitive Aussage zu treffen.
                    Dabei ist der Faktor „Luftfeuchte“ besonders zu berücksichtigen.
Das bedeutet, dass die Bildung von Schimmelpilzen auf den Außenwänden aufgrund mangelhafter Dämmung immer im Verhältnis zur Luftfeuchte steht.
Auf einer kalten trockenen Wand ist die Bildung von Schimmelpilz nicht möglich, da dieser für sein Wachstum biologisch frei verfügbares Wasser benötigt.
(Feuchtegrenze = 70 % auf der Wandoberfläche)
Um Kondensatbildung an den Wandoberflächen zu vermeiden, muss die Raumfeuchtigkeit hinausgelüftet werden.
Zu Wasserdampfausscheidungen kommt es immer dann, wenn der Feuchtegehalt der Luft im Verhältnis zu deren Temperatur zu hoch ist oder umgekehrt, die Lufttemperatur im Verhältnis zum Wasserdampfgehalt der Luft zu niedrig.
Zum Vergleich:
Ein m³ Luft enthält bei +10 °C und 35 % relativer Luftfeuchte nur 3,3 g Wasser, während es bei +20 °C und 65 % relativer Luftfeuchte bereits 12,6 g Wasser sind.
In vorliegendem Fall konnte die Luft bei 18,3 °C lediglich 8,39 g Wasser pro m³Luft aufnehmen.
Diese Zahlen machen deutlich, weshalb es ratsam ist, darauf zu achten, dass die Wandoberflächentemperatur in mäßig gelüfteten Räumen möglichst 15 – 17 °C nicht unterschreiben sollte.
Das erfordert Raumlufttemperaturen von etwa 19- 21 °C.
Die relative Luftfeuchtigkeit
                                      Die relative Luftfeuchtigkeit beruht auf der Eigenschaft der  Luft, je nach Temperatur unterschiedlich viel Feuchtigkeit als Gas (unsichtbarer Wasserdampf),  aufnehmen zu können.
Erläuterung:
Nach den Richtlinien des Umwelt-Bundesamtes
-Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilz-Wachstum in Innenräumen-
sind die Indikatoren für Schimmelpilz-Bildung:
Biologisch frei verfügbares Wasser / Feuchtegrenze = 70 % auf der Wandoberfläche
Temperatur in Abhängigkeit zu Feuchte
Organische Nahrung
PH – Wert 2 –
Auswertung der Messergebnisse
Nach Auswertung der Messdaten in Verbindung mit den  vorgefundenen Parametern kommt der unterzeichnete Sachverständige zu folgendem Ergebnis :
Wie zuvor ergiebig erläutert kann die auf 18,3 – 18,9 °C aufgeheizte Raumluft nicht ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen.  Das bedeutet, dass selbst bei mäßigem Lüften nicht ausreichend angefeuchtete Luft durch trockene Luft ausgetauscht werden kann. Der somit vorhandene Überschuss der Feuchte legt sich als Kondensat  auf die kältesten Flächen im Raum und bildet somit die Grundlage für die Entstehung von Schimmelpilz. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Raumluftfeuchte im Schlafzimmer während der Schlafphase um bis zu10 % und in der Küche während der Kochphase sogar um bis zu 20 % erhöht. Hierdurch wird die Bildung von Schimmelpilz erheblich begünstigt. Die gemessenen FRsi-Werte sind grenzwertig und können natürlich durch eine zusätzlich von außen angebrachte Wärmedämmung verbessert werden. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Mieterin der Wohnräume nicht mehr heizen muss. Es gilt nach wie vor der Grundsatz:
Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchte kann sie aufnehmen. Diese Feuchte wird dann durch Quer-/Stoßlüften hinaus transportiert, und die Grundlage für Schimmelpilz -nämlich Wasser- wird entzogen                                                                                
Aus vorgenannten Gründen geht der Unterzeichner davon aus,  dass die grenzwertigen FRsi-Werte nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem negativen Erscheinungsbild in Form von Schimmelpilzbildung stehen.
Ergebnis und Beantwortung der Fragen:
a)   Die zuvor ausgiebig dargestellten Flächen sind dunkel verfärbt und vorwiegend nass.
b)   Bei diesen dunklen Stellen handelt es sich um Schimmelpilz. 
Anmerkung
Auf die labortechnische der Schimmelpilze nach Art und Gattung wurde ausdrücklich verzichtet:
c)   Der Grund für die Bildung von Schimmelpilz ist nicht ausreichendes Aufheizen der Raume in Verbindung mit mangelhaftem Lüftungsverhalten. Da dies Aufgaben des Wohnungsnutzers sind, ist dieser für die Beseitigung der negativen Erscheinungsbilder in Form von Schimmelpilzbildung zuständig.
d)   Handlungsempfehlung:
 
 Beschichten der befallenen Tapete mit einem Sporenvernichter Entfernen der befallenen Tapeten.
                           
Rückbau des befallenen Putzes gegebenenfalls bis zum Mauerwerk,  in jedem Fall muss der sichtbare Befall vollständig entfernt werden.
 
Entsorgen des befallenen Materials unter Berücksichtigung der  gültigen Sicherheitsvorkehrungen, um eine weitere Kontamination zu vermeiden.
 
      Desinfizierung der kontaminierten Bereiche.
      Empfohlen wird, die betroffenen Flächen im Wischverfahren zu desinfizieren.
Geeignet für dieses Verfahren ist unvergällter und methanolfreies  Ethanol. (Konzentration mindestens 80%)
 
Diese Desinfizierung sollte von einer Fachfirma durchgeführt werden, da es sich hierbei um leicht entzündliche Stoffe handelt und diese der Biostoffverordnung in Verbindung mit den Richtlinien der TRGA und TRBA unterliegen.
Für diese Arbeiten sind entsprechende Personenschutzausrüstungen mit P3-Atemschutz, Einmalschutzanzug mit Schutzhandschuhen vorgeschrieben
Nach Abschluss der Desinfektion können die Wände wieder verputzt werden.
Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass ein kapillarbildender Sanierputz verwendet wird.
Anschließend können die Flächen mit handelsüblichen Materialien beschichtet werden
 
Literatur und Unterlagen:
 
Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilz-Wachstum in
Innenräumen – Umweltbundesamt Berlin 2003.
 
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)
Anwendung von Messverfahren und technischen Kontrollwerten für lufttragende
biologische Arbeitstoffe.
 
Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit
Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung – BioStoffV)
Vom 27. Januar 1999, BGBl. I S. 50, zuletzt geändert am 06. März 2007, BGBl. I
S.261
 
Der unterzeichnete Sachverständige versichert, dass dieses Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt wurde 
 
Peter Neusser
              
Sachverständiger für Schimmelpilzerkennung,  -bewertung und -sanierung (TÜV)
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