Randabsenkungen bei Estrichen

Dauerthema:

Schüsselungen/Verformungen = Randabsenkungen von schwimmenden Zementestrich-Fußbodenkonstruktionen
 
Gerechtfertigte Beanstandungen vom Besteller gegenüber den Auftragnehmerfirmen hinsichtlich Rückverformungen/Randabsenkun­gen
 
Schwimmende zementäre Lastverteilungsschichten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten hinsichtlich des erforderlichen Schall- und Wärmeschutzes in der Funktion als Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion besonders gut bewährt.
 
Es häufen sich  jedoch immer wieder Beanstandungen von Bestellern gegenüber Auftragnehmerfirmen wie z.B. Fliesen- und Plattenarbeiten, Bodenbelagarbeiten, Parkettarbeiten etc., die die nachträglichen Randabsenkungen/Schüsselungen in besonderer Weise rügen.
 
Diese sehr oft erst nach einem halben Jahr oder bis maximal 2 Jahren auftretenden Erscheinungsformen von Randabsenkungen/Schüsselungen zeichnen sich innerhalb von Fußbodenkonstruktionen wie folgt ab:
Unabhängig davon, ob keramische Fliesen/Platten oder textile sowie elastische Bodenbeläge und Parkett auf schwimmende zementäre Lastverteilungsschichten appliziert worden sind, können jeweils zu den angrenzenden Bauwerksteilen hingehend, d.h. im Übergangsbereich der Fußbodenkonstruktion zu den jeweiligen Sockelabschlussleisten oder Fliesensockeln zwischen Oberkante Fußbodenkonstruktion und Unterkante dieser Sockelsysteme nachträglich Fugenbildungen von 10 bis 20 mm Höhe festgestellt werden, die als Randabsenkungen zu bezeichnen sind.
 
Diese Randabsenkungen/Rückverformungen, d.h. nachträglichen Fugenausbildungen führen dazu, dass die ca. 5 mm dicken elastischen Dichtstoff-Fugenausbildun-
gen zwischen keramischem Wandsockel und keramischer Fußbodenoberfläche abreißen = Flankenabriss des Dichtstoffmaterials/Fugenmaterials.
 
Diese zunächst optisch störenden „Abrissfugen“ beeinträchtigen nicht nur das Gesamtbild hinsichtlich des Geltungsnutzens der jeweiligen Wohneinheit sondern auch die Wertschöpfung/Werterhaltung einer Fußbodenkonstruktion, wenn in diese Teilflächenbereiche Putzwasser/Reinigungsdetergentien einwandert.
 
Die Besteller beanstanden, dass in diesem Fall die Wandsockel/auch die Sockel-
leistensysteme plötzlich „in der Luft hängen“.
 
Für die Auftragnehmer stellt ein derartiger Sachverhalt zunächst ein Phänomen dar, da diese Fugen/Randabsenkungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht vorhanden waren bzw. sichtbar waren.
 
Weiterhin konnte bei einer Vielzahl Beweissicherungsverfahren/Schiedsgutachterver-
fahren der Nachweis erbracht werden, dass bezogen auf die vorgenannten Randabsenkungen auch Risse innerhalb der Fußbodenkonstruktion aufgetreten sind bzw. vorlagen, die zum Zeitpunkt der rechtsverbindlichen/zivilrechtlichen Abnahme noch nicht sichtbar waren.
 
Bei derartigen Fußbodenschäden, insbesondere bei Fliesen und Platten = keramische Fliesen und Platten liegen überwiegend deckungsgleiche Risse vor.
 
Hierbei handelt es sich um Risse, die deckungsgleich in einer Ebene innerhalb der Lastverteilungsschicht und der darüber befindlichen keramischen Fliesen- und Plattenebene entstanden sind bzw. vorliegen.
 
Weitere sehr oft vorzufindende Schadensparameter bei Randabsenkungen/Schüsselungen von Fußbodenkonstruktionen
 
Sehr oft ist im Rahmen der Ursachenforschung und Lokalisierung derartiger Erscheinungsbilder/Schadensbilder festzustellen, dass die Fußbodenkonstruktion konkave Formgebungen aufweist (konkav = nach innen gewölbt).
 
Der vorgenannte Sachverhalt bedeutet, dass die Fußbodenkonstruktion zu den jeweiligen Raummitten hingehend eine buckelförmige Auswölbung aufweist, während die Estrichränder angrenzend an die Raumfugen/Randfugen „abgesenkt“ vorliegen.
 
Die vorgenannten muldenförmigen/grabenartigen Rissverläufe entstanden im Regelfall erst nach diesen Randabsenkungen und sind bereits an dieser Stelle durch Spannungsanhäufungen oder aber auch durch „Einschnürungen“ zu erklären.
 
Die im Rahmen von Beweissicherungen durchgeführten Feuchtigkeitsüberprüfungen innerhalb dieser hier in Rede stehenden Fußbodenkonstruktion erbrachten jeweils den Nachweis, dass an der Unterkante/Unterseite der buckelförmig aufgewölbten Estrichkonstruktion ein geringerer Feuchtigkeitsgehalt ermittelt worden ist im Vergleich zur Estrichoberseite/Estrichoberfläche.
 
Aus der Gutachterpraxis ist weiterhin festzustellen, dass bereits bei der Übernahme einer schwimmenden zementären Lastverteilungsschicht im Rahmen von Bodenbelagarbeiten, Parkettarbeiten und/oder Fliesen- und Plattenarbeiten die Ränder der
schwimmenden zementären Estrichkonstruktion mit einer Breite bis zu 1,00 m von der jeweiligen Wandebene oder dem Verlauf von Bewegungsfugen und Bauwerksfugen (teilweise auch im Bereich von Scheinfugen/Kellenschnitte) „aufgeschüsselt“ vorliegen, d.h. die Estrichränder liegen höher im Vergleich zu der angrenzenden Estrichfläche vor.
 
Bei einer einseitigen Belastung ist im elastischen Bereich der zementären Lastverteilungsschicht über eine Biegezugbeanspruchung ein sogenanntes „Wippen“ der aufgeschüsselt/aufgewölbt vorliegenden Randzonenbereiche festzustellen.
 
Ein genau umgekehrtes Feuchtigkeitsgefälle im Vergleich mit der bereits genannten konkaven Formveränderung ist festzustellen.
 
Nicht nur bedingt, jedoch forciert durch die jeweilige Heizperiode ist bei weiteren Feuchtigkeitsmessungen zu einem späteren Zeitpunkt zu konstatieren, dass sich die zuvor beschriebenen nahezu dreiecksförmigen Feuchtigkeitsverteilungen innerhalb der konvex bzw. konkav aufgewölbten Estrichkonstruktion nach ca. max. 3 Jahren nahezu rechteckförmig einstellen, d.h. ein über den gesamten Estrichquerschnitt nahezu gleicher Feuchtigkeitsgehalt/Haushaltfeuchtigkeit liegt zu diesem Zeitpunkt nach dem vorgenannten Zeitintervall vor.
 
Sind Schüsselungen/Randabsenkungen, also Rückverformungen von zementären Lastverteilungsschichten für den Auftragnehmer mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt erkennbar?
 
Ein direkter Zusammenhang der bereits mehrfach genannten Erscheinungsbilder in Form von Randabsenkungen mit der jeweiligen Tragfähigkeit des eingesetzten/ver-
wendeten Dämmsystems ist weiterhin auszuschließen, da Randabsenkungen oftmals dort zu verzeichnen sind, wo keine Möbel auf der gesamten Wandlänge stehen bzw. andererseits dort, wo schwere Aktenschränke aufgestellt wurden, auch keine Randabsenkungen sichtbar waren bzw. aufgetreten sind.
 
Auch eine Zusammendrückbarkeit der Dämmschicht ist für die beschriebene Erscheinungsform von schwimmenden Estrichkonstruktionen nicht verantwortlich zu machen.
 
Eine ungenügende Biegezugfestigkeit/Bruchlast der Zementestrichkonstruktion
ist ebenfalls für die beschriebenen Erscheinungsbilder (Randabsenkungen/
Schüsselungen) nicht verwortlich zu machen.
 
Die im Institut des Diktatverfassers in den vergangenen Jahrzehnten vielzählig durchgeführten normengerechten Bestätigungsprüfungen unter Berücksichtigung der Prüfparameter gemäß DIN 18 560 „Estriche im Bauwesen“ erbrachten im Regelfall den Nachweis, dass die beanstandeten Estrichkonstruktionen über eine ausreichende Bruchlast/normengerechte Biegezugfestigkeit verfügen.
 
Es ist im Rahmen einer Abnahme/Übernahme oder Prüfung des Vorgewerkes durch den nachfolgenden Auftragnehmer ein Leichtes, die festgestellten aufgewölbten, d.h. konvex verformten Estrichecken durch Punktbelastungen (durch „Draufspringen“)
abzubrechen.
 
Die nachfolgenden Sachverhalte sind in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen:
 
Einerseits sind aufgeschüsselt vorliegende Estrichecken aber auch Estrichränder selbstverständlich bei Biegebeanspruchungen (auch dann noch in Kombination mit den nicht üblichen dynamischen Beanspruchungen durch das Draufspringen) nicht geeignet, diese „Belastungen“ schadlos zu überstehen, da die beabsichtigte, vollflächige elastische Bettung auf ein Dämmsystem, d.h. das Auflagern dieser Lastverteilungsschicht grundsätzlich fehlt.
 
Die „Unart“ des Wegbrechens von Estrichecken ist somit nicht geeignet, eine schlüssige Beweisführung zu untermauern.
 
Schüsselungen/Randabsenkungen von zementären Lastverteilungsschichten sind in der Addition darauf zurückzuführen, weil:
 
a)      Die Bindemittel spezifische Eigenart des Zementes, nämlich das Schwinden,
findet an der Ober- und Unterseite der jeweiligen Zementestrichplatten/Last-
verteilungsschichten sehr unterschiedlich statt. Daraus entstehen, bezogen
auf den Estrichquerschnitt, Spannungsdifferenzen, die sich in Form der be-
schriebenen Schüsselungen und Randabsenkungen, d.h. Formveränderungen
sowie beim Überschreiten der vorhandenen Biegezugfestigkeit in Form von
Rissbildungen bemerkbar machen.
 
b)      Die mit dem Schwinden einhergehenden Form- und Volumenveränderungen,
die in der oberen Querschnittszone bei den konvexen Verformungen, d.h.
Schüsselungen in weitaus erhöhtem Maße als in den unteren Querschnitts-
zonen stattfinden, addieren sich in den jeweiligen Zementestrichplattenrändern
und führen über eine oberflächennahe Verkürzung der Estrichplatte zu den be-
schriebenen Verformungen/Schüsselungen.
 
c)      Kritisch werden derartige Schüsselungen von ihrem Ausmaß jedoch dann, wenn
Zuglufterscheinungen oder eine einseitige Hydratation des Bindemittels Zement
die beschriebenen Formveränderungen bewirken, da dann das Eigengewicht
der Estrichränder zu bleibenden Verformungen, d.h. zu einer Teilentlastung der
        
 
frischen Estrichkonstruktion führt, die als irreversibel zu bezeichnen ist, d.h.
dass auch nach dem „Rückschüsseln/Rückverformen“ eine stetig konvexe Ver-
formung bleibt. Außerdem ist bei derartigen Rückverformungen, die dann auch
zu den beschriebenen Randabsenkungen führen, ein Aufwölbungsbestreben
der Estrichscheibe in der jeweiligen Raummitte zu verzeichnen, das im Extrem-
fall zu Rissbildungen führt.
 
Der Sachverhalt, dass die Aufschüsselungen jeweils in den Raumecken ihr
größtes Ausmaß aufweisen ist darauf zurückzuführen, dass sich hier die aus den Schwindspannungen resultierenden Formveränderungen in Länge und Querschnitt addieren.
 
Als Nachweis für derartige Tatsachen, dass überwiegend für die beschriebenen Schüsselungen und Randabsenkungen das Schwinden der Zementestrichplatte
heranzuziehen ist, sei auch an dieser Stelle nochmals auf den jeweiligen Schadensfeststellungszeitpunkt von einem halben Jahr bis maximal 2 Jahre nach den Estricharbeiten hingewiesen, der sich mit dem Zeitraum des größten Teils des Schwindens deckt.
 
Der reine Schadensentstehungszeitpunkt dagegen wird oft bereits in der frühen Phase der Erstellung der Fußbodenkonstruktion, d.h. bei der Verlegung von elastischen oder textilen Bodenbelägen und/oder bei Verlegung/Klebung der keramischen Fliesen und Platten einschl. Parkett liegen, da zu diesem Zeitpunkt eine Verzögerung des Schwindvorganges eingeleitet wird.
 
Auf die aus dem Schwinden resultierenden Spannungen, beispielsweise in Form von Zwängungsspannungen, Eigenspannungen und Gefügespannungen, die einzeln oder in Addition auftreten können und zusätzliche Schwindrissbildungen in Form von krakeleeförmigen Rissbildungen an der Estrichoberfläche erzeugen (können), wird an dieser Stelle bewusst nicht eingegangen, um die in Rede stehende Thematik nicht zu „sprengen“.
 
Fakt ist jedoch, dass sich die Rissgefahr vergrößert, je schneller das Schwinden erfolgt bzw. forciert wird.
 
In Fachkreises ist bekannt, dass z.B. ein größerer Anteil von feinkörnigem Zuschlagmaterialien das Schwindmaß erheblich vergrößert.
 
Bei Calciumsulfatestrichkonstruktionen sind derartige Schüsselungen materialspezifisch nicht bekannt, obwohl im Regelfall ein größerer Dampfdiffusionswiderstandsfaktor und eine größere Rohdichte eine langsame Austrocknung bewirkt.
 
Deshalb sind auch lediglich bei Zementestrichkonstruktionen die sogenannten Kellenschnitte/Scheinfugen erforderlich, die eine gezielte Rissbildung an gewünschter Stelle aus den Schwindvorgängen bewirken sollen.
 
Diesbezüglich wird auf entsprechende Richtlinien und Merkblätter hingewiesen, wo es u.a. heißt:
 
„Formveränderungen, die sich durch Temperatur- und Feuchtigkeitseinflüsse, elastische Verformungen, Kriechen, Schwinden sowie konstruktiv bedingte Überhöhungen ergeben haben, müssen bei der Auwertung von den Ergebnissen abgezogen werden.“
 
D.h. im konkreten Fall, dass bei der Überprüfung der Ebenheit von Zementestrichoberflächen evtl. auftretende Toleranzüberschreitungen – angrenzend an Raumecken, längs der Estrichränder (im Bereich von Wandebenen und Fugenausbildungen) von den Betrachtungen der Ebenheit zu eliminieren sind.
 
In der Schweizer Norm S.I.A. = Schwimmende Unterlagböden (d.h. schwimmende Estriche) heißt es bezogen auf die „Planung“ wie folgt:
 
„Nachträgliche Setzungen des Unterlagbodens durch das Schüsseln von zementgebundenen Unterlagsböden und die Deformation der Dämmschicht unter Belastung sind in der Planung zu berücksichtigen.“
 
In der DIN 18 560 „Estriche im Bauwesen“ ist u.a. folgendes nachzulesen:
 
„Ferner ist der Estrich wenigstens 3 Tage, bei niedrigen Temperaturen oder langsam erhärtenden Zementen entsprechend länger vor dem Austrocknen und danach noch wenigstens eine Woche vor schädlichen Einwirkungen, wie z.B. Wärme und Zugluft, zu schützen, um das Schwinden gering zu halten.“
 
Ein weiterer wichtiger Faktor, der einen maßgeblichen Einfluss auf Schüsselungen und Randabsenkungen ausübt, sind die Zeitintervalle/die Bauzeitenschiene zwischen dem Verlegen, also Herstellen der Lastverteilungsschicht und der Applizierung weiterer Fußbodenkonstruktionsschichten im Rahmen von Fliesen- und Plattenarbeiten/
Bodenbelagarbeiten/Parkettarbeiten.
 
Die vorgenannten Zeitintervalle sind bei der Verlegung/Klebung keramischer Fliesen und Platten jedoch von besonderer Bedeutung, da durch das Applizieren einer im Vergleich zum Zementestrich relativ starren keramischen Fliese/Platte ein dem Bi-
metalleffekt ähnlicher Zustand auftritt bzw. geschaffen wird.
 
Keramische Fliesen und Platten bewirken ein differierendes Austrocknungsverhalten der jeweiligen Estrichoberfläche/Unterseite.
 
Daraus resultierend werden die Schwindspannungen und die wiederum daraus entstehenden Formveränderungen maßgebend beeinflusst, so dass z.B. bei einem zu frühen Verlegezeitpunkt von keramischen Fliesen/Platten die beschriebenen konkaven Aufschüsselungen der gesamten Fußbodenkonstruktion mit dem buckelförmig höchsten Punkt in jeweiliger Raummitte entstehen.
 
Zusammenfassend ist festzustellen, dass in der Regel nicht der nachgiebige Teil einer schwimmenden zementären Lastverteilungsschicht, nämlich das Dämmsystem, für die beschriebenen negativen Erscheinungsformen in Form von Schüsselungen,
Randabsenkungen und Rissen verantwortlich zu machen ist, sondern dass diese Sachverhalte auf die materialspezifischen Eigenarten des Bindemittels Zementes und die jeweiligen Zeiträume der Applizierung von keramischen Fliesen-/Plattenma-
terialien und anderen Bodenbelagmaterialien einschl. Parkett zurückzuführen sind.
 
Allgemeine Hinweise
 
Für die Bauwerksplanung sei auf folgenden Sachverhalt hingewiesen:
 
a)      die optisch auffällige Wahrnehmbarkeit von Randabsenkungen fertiger Fuß-
bodenkonstruktionen wird mit Sicherheit dadurch gemindert, dass man die jeweiligen Sockelleistensysteme so spät wie möglich anbringt, da ein weitergehender Abbau der Schwindspannungen erreicht wird,
 
b)      der Bauherr, also die Bestellerin sollte gezielt darauf hingewiesen werden, dass
schwimmende Estriche nun einmal materialspezifisch, bezogen auf die Hydratation und den Schwindvorgang, zu Verformungen, d.h. Formveränderungen in Form von Schüsselungen und Randabsenkungen neigen (zementäre Lastverteilungsschichten).

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