Massivholzdielenverlegung
Welche Beurteilungskriterien - welche Toleranzen?
Sachverhalt:
Ein Auftragnehmer erhielt vom Besteller den Auftrag, in einem repräsentativen Restaurationsbetrieb auf eine vorhandene Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion 25 mm dicke Massivholzdielen zu verlegen bzw. zu kleben, und zwar entsprechend dem nachfolgenden Leistungsverzeichnis:
„Material: Deutsche Eiche
Sortierung: Werks-Natursortierung mit Ästen bis ca. 3 – 5 cm Durchmesser, im Prinzip splintfrei, keine Wurmlöcher, vereinzelt Risse, natürliche Farbunterschiede sind erlaubt, naturbelassen, präzise 2-fach-hydropneumatisch gehobelt, Längsseiten mit Nut und Feder, Kopfkanten rechtwinklig gekappt, alle Kanten der Sichtseite leicht gefast
Dicke: 25 mm
Breite: 4 Breiten ca. 160/200/240/280 mm
Länge: 1500 – 3500 mm, hobelfallend
Verlegeart: Verband unregelmäßig
Oberfläche: matt, farbig dunkel behandelt …“
Der Besteller hat gegenüber dem Auftragnehmer Mängelrüge erteilt; eine rechtsverbindliche/zivilrechtliche Abnahme der vorgenannten Leistungen hat nicht stattgefunden.
Waren und sind die Beanstandungen/Mängelrügen des Bestellers gegenüber dem Auftragnehmer gerechtfertigt?
Anlässlich des Gutachtertermins wurden die nachfolgenden Schadensbilder/Erscheinungsbilder konstatiert:
· Von einer leicht gefasten Stoßkante (Längs- und auch Kopffugen) kann bezüglich der Massivholzdielenebene nicht die Rede sein.
· Es wurden im Bereich der Fase Fugenbreiten von 2 mm bis max. 4,5 mm ermittelt.
· In aufrecht stehender Haltung, aber auch in gebückter Haltung wurden im Bereich der Fugen eine Vielzahl Schmutzansammlungen festgestellt.
· Partiell war die Federverbindung (Nut- und Federverbindung) erkennbar bzw. sichtbar, da in diesem Teilflächenbereich die pigmentierte Einfärbung nicht stattgefunden hat.
· Die Fugen verliefen teilweise konisch zulaufend, und zwar von 2 mm bis zu einer Fasenbreite von 4 mm.
Im Erdgeschoss des hier in Rede stehenden Projektes lagen noch mehrere Massivholzdielen in unterschiedlichen Abmessungen vor (25 mm dick), die zum Zeitpunkt des Gutachtertermins noch keine Oberflächenbehandlung aufgewiesen haben.
Die an Ort und Stelle durchgeführten Feuchtemessungen mit dem speziellen Prüfgerät „Gann-Hydromette M 4050“ ergaben Holzfeuchtigkeitswerte von 9,1 % bis max. 9,6 % (Mittelwerte aus einer Vielzahl Einzelmessungen).
Ob und inwieweit die vorgenannten Holzfeuchtigkeitswerte bereits bei Anlieferung/Verlegung vorgelegen haben, kann der Verfasser nicht aussagen.
Besonderer Hinweis:
Die relative Luftfeuchtigkeit lag jeweils bei < 50 %.
Die Versuchsdurchführungen an Ort und Stelle
Die vorgenannten Eichen-Dielen wurden im Rahmen des Gutachtertermins mit der Nut- und Federverbindung arretiert.
Es konnte festgestellt werden, dass die Dielen eine unübliche „Bogigkeit“ aufweisen und nicht als passgenau einzustufen sind (bei einer Holzfeuchtigkeit als Mittelwert von ca. 9,5 %).
Es konnte der Nachweis erbracht werden, dass im vorderen Längsstoßkantenbereich eine leichte gefaste Fuge/Stoßkante vorgelegen hat, jedoch bereits ca. 40 cm bis 50 cm weiter lag eine 4 mm bis 4,5 mm gefaste Längsfuge vor (jeweils gemessen im Bereich der Fase).
Eine funktionsfähige Passung im Nut- und Federbereich lag dementsprechend nicht vor.
An Ort und Stelle konnte nicht ermittelt werden, ob der Auftragnehmer gegenüber der Herstellerin der Massivholzdielen entsprechende Bedenken geltend gemacht hat bzw. Mängelrüge erteilt hat.
Welche Toleranzen sind bezüglich der hier in Rede stehenden Massivholzdielenverlegung zulässig und welche Beurteilungskriterien sind für die Beurteilung heranzuziehen?
Der Auftragnehmer hat in diesem Fall einen eigenen Gutachter beauftragt, der u. a. Folgendes schriftlich fixiert hat:
„… aus eigener sachverständiger Sicht unter Berücksichtigung der geklebten Verlegetechnologie sowie der gewählten Dielen und der dafür zutreffenden Ausführungsnorm ist der Dielenfußboden bezüglich vorhandener Fugen mangelfrei … dass es aufgrund der holztechnologischen Eigenschaften keinen Dielenfußboden ohne Fugen zwischen den Dielen geben kann. Das trifft um so mehr zu, wenn Dielen in der Breite bis 280 mm verarbeitet werden, bei denen das Ausmaß von Quell- und Schwindbewegungen unter dem Einfluss unterschiedlicher raumklimatischer Bedingungen im Verlauf eines Jahres deutlich größer ausfällt als bei relativ schmalen Dielen (Anmerkung: Die Massivdielenverlegung in diesem Fall erfolgte erst ein paar Wochen vor diesen Gutachtertermin).
Andererseits ist jedoch eine fugenfreie Verlegung solcher Dielen wegen zulässiger Bearbeitungstoleranzen gemäß DIN EN 13 336 unmöglich.“
Der Verfasser hat in diesem Zusammenhang die DIN EN 13 629 als Beurteilungskriterium herangezogen. Diese soll nach Aussage des Sachverständigen falsch sein.
Der vorgenannte Sachverständige bestätigt weiterhin, dass „konisch (und nicht parallel) verlaufende Fugen in einem solchen Dielenboden absolut normal sind und keinesfalls einen Mangel darstellen“.
Aussagen und Hinweise anderer sachverständiger Kollegen/Fachexperten für Massivholzdielen
Die Experten/Sachverständigen schreiben u. a.:
„… habe ich die hier in Rede stehende Vorab-Information durchgearbeitet. Unter Hinzunahme der Fotos kann man deutlich sehen, dass die vorhandenen Maßtoleranzen schon bei der Herstellung der Dielen vorhanden waren. Auch bei der Montage hätte man mit Montagehilfen, wenn es das Material zulässt (Toleranzen), arbeiten können bzw. müssen.
Da diese Räume noch nicht in Nutzung gegangen sind, kann man auch nicht von einer extremen Rücktrocknung der Dielen (negatives Raumklima) in diesem kurzen Zeitraum ausgehen.
Es wäre auch wichtig, wenn der Verarbeiter die Holzeingangsfeuchte (Lieferschein) nachweisen würde bzw. könnte.
Eine Mängelbeseitigung ist kaum möglich, da die gewollten, angefasten Fugen bei einem Nachschleifen völlig verschwinden.
Man könnte unter Umständen alle Fugenbereiche mit einer gleichmäßigen Fugenbreite ausfräsen, eine passende Leiste einkleben und anschließend eine optische V-Fuge nachfräsen.
Aufgrund des dunkel eingefärbten Holzes wäre eine störende Holzoptik kaum zu erwarten.
Der Sachverständige …“
Ein anderer Experte/Sachverständiger für Dielenkonstruktionen/Holzdielen schreibt diesbezüglich wie folgt:
„Die Zuordnung, nach welcher DIN/EN-Norm massive Laubholzdielen einzustufen sind, wird offensichtlich sehr unterschiedlich in Fachkreisen eingeschätzt.
Z. B. vertritt ein Anwendungstechniker der Firma … wie auch der Sachverständige Dipl.-Ing. … die Meinung, dass bei massiven Laubholzdielen die DIN EN 13 226 „Massive Parkettstäbe mit Nut und/oder Feder“ anzuwenden ist.
Meines Erachtens ist dieses nicht korrekt und entspricht auch nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs.
Wenn man die Reihenfolge der Inhaltspunkte der DIN EN 13 629 „Massive Laubholzdielen“ berücksichtigt, dann ist die vorgenannte DIN-Norm für die Massivdielen im unter Betreff genannten Objekt anzuwenden, da der Punkt Anwendungsbereich sich eindeutig auf massive Laubholzdielen mit Nut und/oder Feder bezieht.
Hier heißt es ja wie folgt:
Anwendungsbereich:
Die EN 13 629 legt die Merkmale von massiven Laubholzdielen mit Nut und oder Feder für die Verwendung als Fußbodenbelag in Innenräumen fest.
Diese Norm gilt für massive Laubholzdielen mit oder ohne Oberflächenbehandlung.
Der Punkt 3.1 (massive Laubholzdielen aus mehreren Riemen zusammengesetztes Laubholzelement) steht in der Rangfolge nach dem Anwendungsbereich zu Punkt 1.
Unter Würdigung und Beachtung der geometrischen Eigenschaften in der DIN EN 13 629 wären in diesem hier in Rede stehenden Objekt folgende Grenzmaße zu berücksichtigen:
Durchschnittsbreite der Massivholzdielen 220 mm
Durchschnittslänge der Massivholzdielen 2500 mm
Grenzmaßabweichungen der Dielenbreiten 0,66 mm
max. Längskrümmung der Schmalseite 1,25 mm zum Einbauzeitpunkt.
Für eine detaillierte Ermittlung der max. zulässigen Fugen müssten die einzelnen aneinander liegenden Dielenlängen vermessen werden, daher auch die Ermittlung über die Durchschnittsmaße der eingebauten Dielen.
Wichtig ist natürlich die Bewertung der Fugen ohne Berücksichtigung der meistens nicht gleichmäßig hergestellten Fasen.
Das ist Theorie
In der Praxis sollten erfahrungsgemäß die Fugen zwischen den einzelnen Dielen unmittelbar nach der Verlegung 1 mm nicht überschreiten.
Auf jeden Fall lassen sich produktionsbedingte Fugen mit Spanngurten, auch bei größeren Dielenbreiten, minimieren.
Wenn bei der Verlegung von Massivdielen Fugenbreiten von mehr als 1 mm auftreten, muss der Verleger die Lieferung beim Hersteller oder Lieferanten beanstanden, da die Massivdielenverlegung mit größeren Fugen mit hoher Sicherheit nicht zu einer erfolgreichen Abnahme führen wird.
Auffallend bei der Fotodokumentation ist, dass partiell die farblich unbehandelten Federverbindungen zwischen den Massivdielen deutlich sichtbar sind.
Wenn zum Zeitpunkt der farbigen Oberflächenbehandlung die Fugen mit den zum Gutachterzeitpunkt festgestellten Fugenbreiten vorhanden gewesen wären, wären die Federn erfahrungsgemäß ebenfalls farblich behandelt.
Da der Gutachtertermin zeitnah nach dem Einbau stattgefunden hat und im Gutachtertermin die Holzfeuchte, die in Deutschland übliche Normfeuchte von im Mittel 9 % aufwies, wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Massivholzdielenebene wahrscheinlich mit einer wesentlich höheren Holzfeuchte eingebaut.
Hinsichtlich der Randfugen/Raumfugen der Massivdielenebene sind nach den anerkannten Regeln der Technik mindestens 10 mm Fugenbreiten herzustellen.
Sollten die Randbereiche der Massivdielen, wie in Bild 16 dargestellt, nicht mit einer Sockelleiste abgedeckt werden, sind die vorzufindenden Aussplitterungen nicht akzeptabel.
Der Sachverständige …“
Abschließender Hinweis des Verfassers dieses Fachartikels
Fakt ist, dass der Auftragnehmer mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt einerseits die Holzfeuchte hätte prüfen müssen und andererseits auch gegenüber dem Lieferanten/Hersteller Bedenken hätte geltend machen müssen, bezüglich der hier in Rede stehenden nicht zulässigen Toleranzen/Abweichungen.
Übrigens wird in der DIN EN 13 226 bezüglich des Anwendungsbereiches noch Folgendes ausgesagt:
„…Diese europäische Norm legt die Merkmale von Massivholz-Parkettstäben mit Nut und/oder Feder für die Verwendung als Fußbodenbelag in den Innenräumen fest. Diese Norm betrifft nicht aus Stäben zusammengesetzte Parketttafeln, hierfür ist eine separate Norm in Vorbereitung…“.
Bezogen auf die hier in Rede stehenden Landhausdielenkonstruktion kann man mit Sicherheit nicht von Massivholzparkettstäben mit Nut und/oder Feder sprechen.
Der Verfasser ist sehr daran interessiert die Meinung anderer Sachverständige /Kollegen zu diesem Thema zu hören. Für eine „offene Diskussion“ steht der Verfasser zur Verfügung.
Die nachfolgende Fotodokumentation soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.