Flickwerk bei Linoarbeiten

Sachverhalt

In einer besonders exklusiven/repräsentativen Gesamtschule hat der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten unter „Stressbedingungen“ Linoleum-Bodenbeläge auf eine neu hergestellte Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion sowie auf Trockenkonstruktionen nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten verlegt bzw. geklebt.

Die vorgenannten Leistungen = die Linoleum-Bodenbelagebene war mit Mängeln behaftet, die den Wert und die Tauglichkeit erheblich beeinträchtigen.

Aufgrund der Mängelrüge des Bestellers gegenüber dem Auftragnehmer erfolgten Nacherfüllungen/Erfüllungen, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachten.

Einerseits handelte es sich um ein „Flickwerk“ – und andererseits wies die gesamte Fußbodenkonstruktion erhebliche Unebenheiten auf kurzen Nennmaßbereichen auf.

Die Funktionstauglichkeit/Funktionalität der Bodenbelagarbeiten entsprachen nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs, nicht dem Stand der Technik und auch nicht den Anforderungen der VOB Teil C, DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ sowie dem Anforderungsprofil der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau“.

Die Mängelrüge, also die Beanstandung des Bestellers gegenüber dem Auftragnehmer war und ist gerechtfertigt.

Anlässlich des Schiedsgutachtertermins wurden innerhalb der hier in Rede stehenden Fußbodenkonstruktion wesentliche Mängel ermittelt.

Wesentliche Mängel bedeuten eine Abnahmeverweigerung unter Würdigung der genannten „Risiken und Nebenwirkungen“.

Verdammt nochmal, wie konnte dem Auftragnehmer so etwas passieren?

Die vorgenannten wesentlichen Mängel und die nicht funktionstauglich hergestellten Nacherfüllungen (= Flickwerk) haben mit Recht den Besteller dazu veranlasst, die Abnahme zu verweigern.

Im Rahmen des bereits genannten Schiedsgutachterverfahrens (= Obsiegen/Unterliegen) konnten die nachfolgenden Schadensbilder sowie Erscheinungsbilder innerhalb des Schiedsgutachtertermins ermittelt werden:

a)    erhebliche, also unübliche toleranzüberschreitende Grenzabweichungen der DIN
18 202 „Toleranzen im Hochbau“,

b)    innerhalb der Linoleum-Bodenbelagebene/innerhalb der Fußbodenkonstruktion wurden buckelartige Erhöhungen auf kurzen Nennmaßbereichen ermittelt,

c)    der Auftragnehmer hat, wie beschrieben, seine Erfüllungsaufgaben und auch die Nacherfüllungen nicht ordnungsgemäß funktionstauglich hergestellt bzw. durchgeführt.

Der Schiedsgutachternachweis/der Schiedsgutachterbeweis

Die Ebenheitsmessungen auf der Oberfläche der Linoleum-Bodenbelagebene erfolgten mittels Richtscheit = 2,0 m in der Längs- und Querrichtung mit entsprechenden Messkeilen.

Durch diese vorgenannte Messmethode/Messtechnik wurden bereits nicht nur buckelartige Erhöhungen festgestellt, sondern auch Vertiefungen auf kurzen Nennmaßbereichen, die nicht den Anforderungen der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau“ entsprechen.

Die vorgenannten Erhöhungen sowie Vertiefungen der gesamten Fußbodenkonstruktion auf kurzen Nennmaßbereichen lagen, wie aus der Fotodokumentation ersichtlich, zwischen 20 mm und max. 25 mm (in diesem Fall im Rahmen der orientierenden Prüfung bei Ausrichtung des Richtscheites) in „Waage“ (Kontrollprüfung).

Von diesen unüblichen buckelartigen Erhöhungen sowie unüblichen Vertiefungen ausgehend wurden jeweils von Auflage zu Auflage die bereits mehrfach genannten Ebenheitsmessungen mittels Richtscheit (ohne Ausrichtung in „Waage“) durchgeführt = die Überprüfung der Grenzabweichungen von Auflage zu Auflage.

So wurde z. B. bei einem max. Nennmaß von 180 cm (von Auflage zu Auflage) ein Mittelwert

(= Vertiefungen) von max. 14 mm nachgewiesen bzw. festgestellt.

Anmerkung

Nach Angaben des Bestellers/des Architekturbüros wurden in diesem hier in Rede stehenden Projekt keine erhöhten Ebenheitstoleranzanforderungen vereinbart.

Der vorgenannte Sachverhalt bedeutet, dass bei einem Abstand der Messpunkte in m (Nennmaß von 1,0 m) nach der Tabelle 3, Zeile 3 der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau“ ein Grenzwert von Ebenheitsabweichungen von 4 mm als Sollwert bzw. als zulässiger Wert einzuhalten ist.

 

Bei einem Abstand der Messpunkte von 1,5 m ist ein Grenzwert von 5 mm und bei einem Abstand der Messpunkte von 2,0 m ein Grenzwert von 6 mm (Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen in mm) entsprechend der vorgenannten DIN 18 202, Tabelle 3, genannt.

 

Spalte

1

2

3

4

5

6

Zeile

Bezug

Stichmaße als Grenzwerte in mm bei Messpunktabständen
in m bis   
0,1          1a)             4a)                10a)              15a)b)

3

Flächenfertige Böden, z. B. Estriche als Nutzestriche, Estrich zur Aufnahme von Bodenbelägen

Bodenbeläge, Fliesenbeläge, gespachtelte und geklebte Beläge

2

4

10

12

15

a     Zwischenwerte sind den Bildern 4 und 5 zu entnehmen und auf ganze mm zu runden.

b    Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen der Spalte 6 gelten auch für Messpunkteabstände
    über 15 m

 

Im Rahmen der Kontrollprüfungen wurden jedoch bereits bei einem Nennmaß (Abstand der Messpunkte von 1,5 bis 1,8 m) Werte von > 12 mm ermittelt.

Selbstverständlich erfolgten die Ebenheitsmessungen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln des Fachs unter Einbeziehung der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau“, jedoch nicht über die bereits genannten buckelartigen Erhöhungen.

Aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes war die Fußbodenkonstruktion mit Mängeln behaftet, die den Wert und die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen und den im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben und mindern.

Weitere gravierende handwerkliche Fehlleistungen (= Mängel) innerhalb der hier in Rede stehenden Leistung des Auftragnehmers für Bodenbelagarbeiten

 

Im Rahmen des Gutachtertermins konnte festgestellt werden, dass insgesamt gesehen keine funktionsfähigen Randfugen/Raumfugen ausgebildet, also hergestellt worden sind, weil:

 

a)    der Randstreifen/Stellstreifen vor den Unterbodenvorbereitungsarbeiten entfernt war.

b)    innerhalb der Randfugen/Raumfugen Spachtelmassenmörtel vorhanden war.

c)    auch blasenartige Erhöhungen innerhalb der Linoleum-Bodenbelagebene im Rahmen der Baubegehung festgestellt werden konnten.

d)    die Klebstoffriefen/Klebstoffkuppen (= Klebstoffrippen), die nicht zerquetscht waren, also nicht zerstört vorlagen, an der Rückseite des Linoleum-Bodenbelages keine funktionsfähige Klebstoffbenetzung aufwiesen und somit auch eine mangelhafte ungenügende Klebung konstatiert werden konnte.

e)    sich ohne Anstrengung die Linoleum-Bodenbelagstreifen/Bodenbelagproben von der Oberfläche des Untergrundes entfernen ließen, also hochgenommen werden konnten; es wurden jeweils Bruchzonenverlagerungen im oberen Flächenbereich der zementären Spachtelmasse konstatiert.

f)     partiell auch eine Vielzahl weiche, stabile Spachtelmassenzonen nachgewiesen wurden.

 

Auch die an Ort und Stelle durchgeführten Schälwiderstandsprüfungen (orientierende Schälwiderstandsprüfungen) haben bestätigt, dass der Linoleum-Bodenbelag zum Untergrund hingehend ein mangelhaftes adhäsives Verhalten aufweist.

Es wurden jeweils Bruchzonenverlagerungen innerhalb der oberen Schicht der zementären Spachtelmasse nachgewiesen.

Was bedeutet in diesem Fall Obsiegen/Unterliegen?

Der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten muss aufgrund des Schiedsgutachterverfahrens = Unterliegen die Linoleum-Bodenbeläge von der Oberfläche der jeweiligen Lastverteilungsschicht und Trockenkonstruktion entfernen und nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten neue Linoleum-Bodenbelagbahnen verlegen/kleben.

Die Unterbodenvorbereitungsarbeiten und auch die Verlegung sowie die Klebung müssen systembezogen durchgeführt werden und insgesamt gesehen den allgemein anerkannten Regeln des Fachs entsprechen.

Das bedeutet, es entstehen erhebliche Folgekosten mittelbarer und unmittelbarer Art zu Lasten des Auftragnehmers.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde die Spachtelmasse/Ausgleichmasse bezüglich des Mischungsverhältnisses mit zu viel Wasser angerührt und verarbeitet.

Weiterhin war ja auch die Einlegezeit des Klebstoffsystems überschritten, so dass die beiden vorgenannten handwerklichen Fehlleistungen schadensursächlich sind für die hier in Rede stehenden Fußbodenschäden.

Stressbaustellen stellen immer ein Risiko/Restrisiko dar, wenn:

 

a)    keine systembezogenen Produkte entsprechend den Vorgaben des Herstellers eingesetzt und verarbeitet werden.

 

b)    wie in diesem Fall, die handwerklichen Fehlleistungen und zusätzlichen anwendungstechnischen Problemstellungen des Auftragnehmers die Funktionstauglichkeit der Verlegewerkstoffsysteme behindern/verhindern.
 

c)    aufgrund der vorgenannten Schadensparameter die Funktionstauglichkeit/Funk-tionalität der Linoleum-Bodenbelagflächen nicht gegeben ist.

 

Die nachfolgende technische Fotodokumentation soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.

Überschrittene Einlegezeit
Mangelhafte Klebung
Mangelhafte Klebung

Vollflächig geschlossene Randfuge

mittels Spachtelmasse

Unebenheiten
Ebenheitsmessung

 

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