Gewährleistungsfreistellung

für Bodenleger, Parkettleger und Fliesenleger hinsichtlich Restfeuchtigkeitsbestimmung/Feuchtemessungen bei zementären Estrichkonstruktionen/Lastverteilungs­schichten?
 
In der Vergangenheit häufen sich Parkett- und Bodenbelagsschäden durch überhöhte Restfeuchtigkeit, obwohl die Auftragnehmer nachweislich im Beisein der örtlichen Bauleitung bzw. im Beisein eines Architekten und/oder im Beisein von Sachverständigen ordnungsgemäße CM-Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt haben.
 
Hierbei handelt es sich um Fußbodenschäden (Parkett- und Bodenbelagsschäden) von 100 m² bis 5.000 m².
 
Wer hat derartige Fußbodenschäden nach dem Verursacherprinzip kostenmäßig zu vertreten?
 
Die jeweiligen Auftragnehmer haben mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt CM-Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt und jeweils die „Verlegereife/Belegereife“ bestätigt und auch dokumentiert (im Beisein von Architekten, Bauleiter und Sachverständige).
 
Obwohl Feuchtigkeitswerte von < 2,0 CM-% jeweils ermittelt worden sind, innerhalb der bereits genannten zementären Lastverteilungsschichten/Estrichkonstruktionen, kam es zu den nachfolgenden Schäden:
 

a)    Aufwölbungen/Verformungen (Volumenveränderungen) der Parkettelemente durch Feuchtigkeitsquelldruck,

b)    Eindrücke und Verformungen von PVC-Bodenbelagsflächen,

c)    Verseifung/Zerstörung der eingesetzten/verwendeten nicht wasserfesten Verlegewerkstoffsysteme,

d)    Geruchsbelästigungen durch „frei werdende Alkalität“,

e)    Spannungsanhäufungen/Verformungen von „schwimmenden“ Estrichkonstruktionen/Lastverteilungsschichten.
 
Wie sind derartige Schadensbilder entstanden, obwohl doch die jeweiligen Auftragnehmer im Rahmen ihrer Sorgfalts-, Prüfungs- und Hinweisverpflichtung „normengerechte“, funktionsfähige CM-Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt haben (Stemmgutentnahme im unteren Drittel und auch Stemmgutentnahme über den Querschnitt der jeweiligen Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruk­tion).
 
Ursachenforschungen/Lokalisierungen von Parkett- und Fußbodenschäden sowie Schäden an Natursteinplatten/keramischen Fliesen und Platten haben ergeben, dass im Rahmen der anlässlich der jeweiligen Ortstermine durchgeführten üblichen CM-Feuchtigkeitsbestimmungen ebenfalls Werte von < 2,0 CM-% ermittelt worden sind bzw. noch vorgelegen haben.
 
Die durchgeführten gravimetrischen Feuchtigkeitsbestimmungen/Darrprüfungen ergaben jedoch unglaubliche Feuchtigkeitswerte von 4,0 Gew.-% bis 4,9 Gew.-% (gleicher Prüfstellenbereich, in denen auch die CM-Feuchtigkeitsmessungen an Ort und Stelle durchgeführt worden sind).
 
Fakt ist, dass bezüglich der CM-Feuchtigkeitsmessungen die jeweiligen Untergründe als „belegereif/verlegereif“ eingestuft werden konnten für die Aufnahme von elastischen und textilen Bodenbelägen, Parkett sowie keramischen Fliesen und Platten.
 
Trotz des vorgenannten Sachverhaltes kam es zu den bereits mehrfach genannten erheblichen/abnormen Feuchtigkeitsschäden, wie in diesem Fachbeitrag beschrieben.
 
Eine große Unsicherheit liegt bezüglich der vorgenannten Feuchtebestimmung mit den CM-Feuchtigkeitsmessgeräten bezogen auf zementäre Lastverteilungsschichten/Estrichkonstruktionen vor, insbesondere da die Auftragnehmer für Parkett- und Bodenbelagsarbeiten und auch der Auftragnehmer für Fliesen- und Plattenarbeiten nicht wissen, welche Bindemittel, Zusatzmittel und/oder Beschleuniger der Auftragnehmer für Estricharbeiten verwendet bzw. eingesetzt hat.
 
Der Unterzeichner kann eine Vielzahl Großprojekte, aber auch kleinere Objekte benennen, wo derartige Feuchteschäden (irreparable Feuchtigkeitsschäden) entstanden sind bzw. vorliegen, obwohl im Rahmen der Unterbodenvorbereitungsarbeiten der jeweilige Untergrund als „verlegereif/belegereif“ dokumentiert, also vorgelegen hat.
 
Handelt es sich ggf. um ein Phänomen bezüglich der Umstellung von Portlandzemente (CEM I-Zement) auf Portlandkompositzemente (CEM II-Zement) oder um bestimmte Beschleuniger oder Zusatzmittel, die es nicht ermöglichen eine ordnungsgemäße, funktionsfähige Feuchtigkeitsbestimmung mit CM-Geräten durchzuführen.
 
Bereits an dieser Stelle verweist der Unterzeichner auf die in letzter Zeit veröffentlichten Fachartikel mit der besonderen Thematik:
 
„Trocknungsbeschleuniger bergen viele Fehlerquellen“ und „Zemente für die Herstellung von Estrich“
 
Umstellung von Portlandzemente (CEM I-Zemente) auf Portlandkompositzemente (CEM II-Zemente).
Aufgrund der Vielzahl Feuchtigkeitsschäden, wie in diesem Fachbeitrag beschrieben, wird der Verfasser dieses Fachbeitrages die Besteller und auch die Auftragnehmer für Bodenbelagsarbeiten, Auftragnehmer für Parkettarbeiten und auch die Auftragnehmer für Fliesen- und Plattenarbeiten auffordern gegenüber dem Besteller
 
eine Gewährleistungsfreistellung
 
zu verlangen für eventuelle Feuchteschäden aus zementären Lastverteilungsschichten/Estrichkonstruktionen dieser oder ähnlicher Art.
 
In diesem Fall, so wurde es in der Vergangenheit gehandhabt und wird auch in Zukunft vom Verfasser forciert, muss der Auftragnehmer für Estricharbeiten in Zusammenarbeit mit der Lieferantin für Estrichzusatzmittel und/oder der Zementindustrie entsprechende Freigaben für die „Verlegereife/Belegereife“ erteilen, hinsichtlich der bereits mehrfach genannten nicht mit dem CM-Gerät erfassbaren Feuchtigkeitswerte.
 
Die Auftragnehmer für Parkettarbeiten/Bodenbelagsarbeiten und für Fliesen- und Plattenarbeiten sind nicht verpflichtet, im Rahmen ihrer üblichen Sorgfalts- und Prüfungspflicht (mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt) Darrprüfungen also gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmungen zu veranlassen bzw. durchzuführen.
 
Kapazitive elektronische/elektrische Feuchtigkeitsmessungen haben sich in umfangreichen Versuchsdurchführungen für derartige Feuchtebestimmungen bewährt, jedoch können nicht alle Estrich-Zusatzmittel, Estrich-Beschleuniger und auch nicht alle CEM II-Zemente (Bindemittel) in einer entsprechenden Software (bezogen auf die vorgenannten elektronischen/elektrischen Feuchtigkeitsmessgeräte) erfasst werden.
 
Fest steht jedoch, dass in der Vergangenheit, in der Gegenwart und auch in Zukunft die üblichen CM-Feuchtigkeitsmessungen, bezogen auf die bereits genannten Parameter, wie z. B. Estrich-Beschleuniger, Estrich-Zusatzmittel und Zementbindemittel (CEM II) falsche Werte liefern und somit nicht die unabdingbar erforderliche „Belegereife/Verlegereife“ bestätigen.
 
In diesem Fall müssen die Fachgremien, die Innungen und auch die Verbände Richtlinien erarbeiten, damit zukunftsorientierend auch ohne Gewährleistungsausschlüsse/ohne Gewährleistungsfreistellungen der Parkettleger, der Bodenleger und auch das Fliesenlegerhandwerk weiterhin mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt die „Verlegereife/Belegereife“ an zementären Lastverteilungsschichten/Estrichkonstruktionen bestimmen können.
 
Aufgrund der jetzigen Situation ist es nicht nur empfehlenswert, sondern es ist die Forderung zu stellen, dass die Auftragnehmer für Parkettarbeiten, Bodenbelagsarbeiten, Fliesen- und Plattenarbeiten keine Gewährleistung für eventuelle Feuchtigkeitsschäden übernehmen können, in Form einer Gewährleistungsfreistellung/Ge­währ­leistungsausschlüsse.
 
Selbstverständlich sind bezogen auf die Nachweispflicht Feuchtemessungen durchzuführen, und zwar optimal wäre im Beisein der örtlichen Bauleitung, des Beauftragten des Architekturbüros oder ggf. auch im Beisein eines unabhängigen Sachverständigen.
 
Die Freigabe für die „Belegereife/Verlegereife“ einer zementären Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion bezogen auf Restfeuchtigkeit sollte jedoch über den Auftragnehmer für Estricharbeiten erfolgen (in Zusammenarbeit mit Beauftragten der Zementindustrie und/oder des Estrich-Zusatzmittel-Herstellers und/oder eines Beauftragten, der die Estrich-Beschleuniger liefert).
 
Die nachfolgende Fotodokumentation soll den in diesem Fachbeitrag beschriebenen Sachverhalt verdeutlichen.
  
Der Verfasser dieses Fachbeitrages ist der Berufssachverständige Siegfried Heuer, ISH-Institut Bau- und Fußbodentechnik,
Koblenz – mobile Hotline: 0171 / 42 14 425.
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