Wann eine Fuge beanstandet wird, bestimmt allein der Endverbraucher

Wenn eine Design-Bodenbelagebene unübliche Fugenbreiten aufweist, wie aus der nachfolgenden technischen Fotodokumentation ersichtlich, ist es viel zu spät, wenn die Bestellerin gegenüber dem Auftragnehmer Gewährleistungsansprüche anmeldet.

Wer ist denn in vielen Fällen der „Endverbraucher“ (für einen Sachverständigen sollte der Begriff „Bestellerin“ vorrangig genannt werden)? Ist es der Studienrat, der Kaufmann, der Hausbesitzer oder auch vielleicht in vielen Fällen der Zahnarzt oder eine andere Arztpraxis?

Es gibt eine Vielzahl Anforderungsprofile, die an eine Design-Bodenbelagebene gestellt werden, die der Verfasser eines Leserbriefes in einer bekannten Fachzeitschrift bewusst nicht nennt oder vielleicht auch nicht kennt.

Wie heißt es doch so schön im Leben:

„…Ein Mensch, der sich selbst verwirklicht ist wie ein Luftballon, der sich selbst aufbläst…“.
 
Bezogen auf die vorgenannten Arztpraxen ist doch zu beachten:
 
Gemäß der Richtlinie der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut, Bezeichnung „Prävention in Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ ist für Fußböden in den Behandlungsräumen am Ende eines Arbeitstages eine Feuchtreinigung ohne Zusatz von Desinfektionsmitteln ausreichend.
 
„…Gezielte Desinfektionsmaßnahmen sind notwendig, wenn eine sichtbare Kontamination des Fußbodens, also der Design-Bodenbelagebene mit Blut, Speichel oder anderen potentiell infektiösen Sekreten vorliegt.
 
Die Fußböden müssen feucht zu reinigen, zu desinfizieren und flüssigkeitsdicht sein…“
 
Wenn praxisbezogen für die hier in Rede stehenden Design-Bodenbelagelemente (= heterogener PVC-Bodenbelag) z. B. ein Haftklebstoffsystem und/oder Dispersionsklebstoff mit einer zu geringen Scherfestigkeit zum Einsatz kommt und/oder eine falsche Reinigung/Pflege durchgeführt wird, werden unübliche, also beanstandungswürdige Fugen innerhalb der Design-Bodenbelagfläche entstehen, die nicht nur das Gesamtbild hinsichtlich des Geltungsnutzens beeinträchtigen, sondern auch, bezogen auf Arztpraxen o. ä. die Nutzungs- und Gebrauchstauglichkeit sowie die Werterhaltung/Wertschöpfung auf Dauer gesehen.

Bei den heutigen „bestellerfreundlichen“ Gerichtsentscheidungen werden die in Fachkreisen bekannten Fugen innerhalb einer Design-Bodenbelagebene gerügt, sofern der Auftragnehmer auf übliche Schrumpfungen/Maßänderungen der PVC-Bodenbelagelemente/PVC-Bodenbelagplanken und auch deren Folgen nicht hingewiesen hat

Wird der Auftragnehmer nach derartiger unabdingbar erforderlicher Hinweisverpflichtung diesen Auftrag erhalten oder überhaupt noch einmal aufgefordert Angebote abzugeben?

Was bedeutet der Hinweis in dem Leserbrief wenn es im zweiten Absatz heißt:
 
„…Zulässige Fugenbreiten: Im Absatz….?“.
Vielmehr geht es doch in  Schulungsmaßnahmen darum, auch den Auftragnehmer darauf hinzuweisen, dass die Werknorm „DIN EN 649“ unter Würdigung der Prüfnorm „EN 434“ erhebliche Toleranzen zulässt, die letzthin der Besteller nicht akzeptiert.
 
Richtig ist, dass unmittelbar nach der Verlegung im Rahmen der rechtverbindlichen/zivilrechtlichen Abnahme von Bodenbelagarbeiten dieser oder ähnlicher Art die Design-Bodenbelagfläche ohne Fugenbildungen vorliegt, da es ja sonst keine Abnahme geben würde.
 
In Fachkreisen ist es doch wohl unstreitig, dass Verlegewerkstoffsysteme, insbesondere Klebstoffe zum Einsatz kommen, die eine besonders hohe Scherfestigkeit aufweisen. Auch Design-Bodenbeläge sollten die Werknorm spezifischen Toleranzen hinsichtlich Maßänderungen nicht „voll ausnutzen“.
 
Aus der Sicht des Verfassers sollte doch zukunftsorientierend sehr großen Wert darauf gelegt werden, dass keine Beanstandungen hinsichtlich unüblicher Fugenbildungen innerhalb einer Design-Bodenbelagebene entstehen bzw. vorliegen.
 
Wie will ein Sachverständiger gegenüber dem zuständigen Gericht oder aber auch gegenüber den Beauftragten der beteiligten Parteien in einem Schiedsverfahren o. ä. glaubhaft überzeugen, mit welchen Fugenbreiten der Besteller „leben muss“ und ab welchen Fugenbreiten ein gewährleistungsfähiger Anspruch gegenüber dem Verursacher besteht?
 
Interessant in diesem Leserbrief ist auch die Formulierung:
„…Absatz: „Maximale Maßhaltigkeit mit Mapei Ultrabond Eco V4 SP…“
 
Die Formulierung „Absatz“ kann in irgendeiner Weise nicht zugeordnet werden.
 
Richtig ist jedoch, dass ein Klebstoffsystem mit einer sehr hohen Scherfestigkeit sich in besonderer Weise für elastische Bodenbeläge eignet, insbesondere auch für Design-Bodenbelagplanken/-elemente.
 
Interessant ist jedoch weiterhin die Aussage des Verfassers des Leserbriefes in dem hier in Rede stehenden Beitrag:
 
„…Die im letzten Absatz beschriebenen Werte hinsichtlich der Schälfestigkeitsprüfungen sind schlichtweg „falsch“.
 
Ein Wert von 130 N/mm ist eine absolut utopische Zahl. Dies würde ja bei einem 50 mm breiten Streifen einen Wert von 6.500 N betragen. Dieser Klebstoff müsste wohl erst noch erfunden werden….“
 
Jedem Fachmann, insbesondere jedem Sachverständigen sollte bekannt sein, dass der Schälwiderstandswert von 130 N/mm sich jeweils nur auf 50 mm breite Bodenbelagstreifen bezieht. Im Rahmen der hier in Rede stehenden Schulungsveranstaltungen werden immer nur die 50 mm breiten Probestreifen im Rahmen der Schälwiderstandsprüfung „gezogen“. Wenn sich in diesem Fall ein Schreibfehler eingeschlichen hat und/oder der Redakteur bei der Mapei-Designtour in Hannover anwesend war und nur den Wert von 130 N/mm gesehen oder gehört hat, dann ist es doch selbstverständlich, dass sich die 130 N auf 50 mm breite Bodenbelagstreifen beziehen, die ja deutlich sichtbar waren und auch im Beisein der Teilnehmer überprüft, also gezogen worden sind. Der Leserbriefverfasser hat doch selbst bestätigt, dass in diesem Fall eine Schälfestigkeit von 2,6 N/mm an 50 mm breiten Bodenbelagstreifen ermittelt worden ist, obwohl nur 1,0 N/mm als Anforderungsprofil in Fachkreisen bekannt ist.
Niemand von den Referenten hat im Rahmen dieser Schulungsveranstaltungen (= Mapei Designtour) irgendwann einmal behauptet, dass durch den Klebstoff „Mapei Ultrabond Eco V4 SP“ grundsätzlich eine fugenlose Design-Bodenbelagebene garantiert/gewährleistet werden kann. Klebstoffe dieser oder ähnlicher Art mit einer sehr hohen Scherfestigkeit und Schälfestigkeit tragen grundsätzlich dazu bei, die in der Werknorm der DIN EN 649 zulässigen Toleranzen zu minimieren.
 
Die vorgenannte Thematik hinsichtlich der Verlegung/Klebung von Design-Bodenbelagbelägen wird überzeugend von Herrn Dr. Udo Windhövel in der Fachzeitschrift „Fussbodentechnik 5/2010“ beschrieben.
Die nachfolgenden Ausführungen/Hinweise sind bezüglich der hier in Rede stehenden Thematik in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen:
 
Zur wirkungsvollen Minderung von Maßänderungen von Bodenbelägen mit den Folgen „Fugenbildungen“ und/oder „Nahtkantenerhöhungen“ sind Klebstoffe mit sehr hoher Scherfestigkeit notwendig.
 
Zur Ermittlung dieser Scherfestigkeit von Bodenbelagklebstoffen stehen drei Prüfnormen zur Verfügung:
 
–       DIN EN 14 293 (frühere Bezeichnung DIN 281)
Klebstoffe für das Kleben von Parkett auf einen Untergrund – Prüfverfahren und Mindestanforderungen,
–       DIN EN 1373
Klebstoffe – Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge – Scherversuch,
–       DIN EN 1902
Klebstoffe – Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge – Zeitstand-Scherversuch.
 
Für klebetechnisch anspruchsvolle Bodenbeläge, wie z. B. Designbeläge müssen die Scherfestigkeiten der Klebung über 1 N/mm² betragen.
 
Bei dieser vorgenannten Festigkeit setzt jeder cm² der Klebung eine Scherbelastung (wenn der Belag schrumpfen oder wachsen sollte) die Gewichtskraft von ca. 10 kg entgegen.
 
Siehe nachfolgende drei Tabellen:
Anforderungen an Bodenbeläge = Maßänderungen
Anforderungen an Bodenbelag-Klebstoffsysteme (DIN EN 14 259)

 

 

 

Zitat:

Es fällt leicht, Fähigkeiten zu verachten, die man nicht besitzt.
 
Der nachfolgende Fotobericht soll den in diesem Fachbeitrag/Leserbrief genannten unüblichen Fugenbildungen verdeutlichen. 
Hierbei handelt es sich um Design-Bodenbelagflächen in einer Zahnarztpraxis (Behandlungsräume).
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