Falscher Klebstoff

Handwerkliche Fehlleistungen und den Einsatz verschiedener Klebstoffsysteme, die für diesen Verwendungsbereich nicht geeignet waren bzw. sind

Allgemeine Hinweise

In einem besonders repräsentativen/exklusiven Verwaltungsgebäude erhielt der Auftragnehmer von der Bestellerseite den Auftrag, auf eine neu hergestellte Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten Hochkantlamellen (= Räuchereiche) zu verlegen bzw. zu kleben.

Der Besteller rügte gegenüber dem Generalunternehmer und dieser wiederum gegenüber dem Auftragnehmer, dass die Hochkantlamellenstäbchen bei üblicher Begehfrequenz gegenläufige Bewegungen aufweisen (= wippen) und sich auch verformen.

Der Auftragnehmer hat im Rahmen der Außergerichtlichen Beweissicherung zu Protokoll gegeben, in diesem Fall nur ein spezielles 2K-Klebstoffsystem für die Klebung verwendet zu haben.

Die an Ort und Stelle repräsentativ durchgeführten Kontrollprüfungen/Untersuchungen haben jedoch bestätigt, dass:

das Klebstoffbett unterschiedlich verteilt unübliche Kohäsionsbrüche aufwies,

der eingesetzte/verwendete Klebstoff nicht überall funktionstauglich/ordnungsgemäß abgebunden war bzw. ist,

der Klebstoff teilweise weich bis schmierig (= gummiähnlich) hochelastisch vorlag.

Aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes hat eine rechtsverbindliche/zivilrechtliche Abnahme der hier in Rede stehenden Parkettarbeiten durch die Bestellerseite nicht stattgefunden.

Die bisherigen Nacherfüllungen auf kurzen Nennmaßbereichen brachten nicht den gewünschten Erfolg.

Der Tatort-Baustellen-Nachweis

Die an Ort und Stelle repräsentativ durchgeführten Kontrollprüfungen im Rahmen der Qualitätssicherung und technischen Abnahmen haben bestätigt, dass

  • entgegen den Behauptungen des Auftragnehmers unterschiedliche Klebstoffsysteme Verwendung gefunden haben,
     
  • die Einlegezeit des Klebstoffes partiell überschritten worden ist,
     
  • der Klebstoff/das Klebstoffbett Kohäsionsbrüche aufwies,
     
  • eine mangelhafte/ungenügende Klebstoffbenetzung an der Rückseite/Unterseite der Parkettelemente stattgefunden hat.

Wie konnte der Nachweis erbracht werden, dass unterschiedliche Klebstoffsysteme zum Einsatz kamen?

An Ort und Stelle wurden repräsentativ Klebstoffproben/-muster entnommen und im ISH Institut mittels UV-Fluoreszenz-Fotografie überprüft, und zwar mit einer speziellen Kamera unter Verwendung von entsprechenden Filtern.

Bei diesen vorgenannten fotografischen Überprüfungen/Verfahren wurden Parkettproben mit harten und weichen Klebstoffkonsistenzen unter einer forensischen Lichtquelle fluoresziert und mit der vorgenannten speziellen Kamera dokumentiert.

Die durch die Lichtquelle für das menschliche Auge nicht sichtbaren UV-Strahlen werden durch Kamera und bestimmte Filter jetzt sichtbar.

Fazit

Die Parkettproben mit weichem Klebstoff wirken gelb, die Klebstoffproben mit hartem Klebstoff erscheinen in einem braun bis blauen Farbton.

Es liegen also sehr unterschiedliche Eigenschaften des Klebstoffes vor, die eine einheitliche, funktionstaugliche Klebung innerhalb der Parkettflächen nicht gewährleisten.

Anmerkung

Generell ist festzustellen, dass die technische Eignung eines Parkettklebstoffes bestimmt ist durch die jeweilige Parkettart, die Holzart, deren Abmaße sowie deren Oberflächenbehandlung.

Aus klebetechnischer Sicht ist für die Holzart „Räuchereiche“ im Hochkantlamellenformat, 10 mm x 8 mm x 160 mm das Verhältnis Dicke zu Breite bedeutsam, da die Verformung des Parkettelementes über die Längsseite erfolgt.

Die Verwendung eines Klebstoffes mit einer harten „Klebstoffrippe/-riefe“ (= 2 KPU) minimiert die Verformbarkeit des Parkettelementes.

Weitere Untersuchungen der Parkettlamellen bezüglich Restammoniakgehalt

Im ISH Institut erfolgten orientierend weitere Prüfmaßnahmen der persönlich entnommenen Räuchereichelamellen. Diese vorgenannten Räuchereichelamellen wurden an ein Parkettelement (unbehandeltes Eichesystem) stumpf gestoßen und mit einem speziellen Klebeband umwickelt/verbunden.

Anschließend wurden die so vorbereiteten Prüfkörper in einem Trockenschrank bei ca. 60° C gelagert.

Nach einer Zeitschiene/Zeitintervall von ca. 48 Stunden konnte eine Verfärbung an dem unbehandelten Eichenholz von i. M. 4 mm festgestellt bzw. nachgewiesen werden (Restammoniakgehalt).

Aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes ist nicht auszuschließen, dass auch der vorgenannte Restammoniakgehalt das Verlegewerk­stoffsystem nachteilig beeinflusst hat.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass aus Sachverständiger Sicht, aufgrund der bereits mehrfach genannten unterschiedlich vorliegenden Eigenschaften/Merkmale der an Ort und Stelle eingesetzten/verwendeten Klebstoffe/Verlegewerkstoffsysteme, bezogen auf die Erscheinungsbilder/Schadensbilder innerhalb der Parkettfläche/-ebene, eine auf Dauer gesehene funktionstaugliche Klebung zum Untergrund hingehend nicht gewährleistet werden kann.

Fotodokumentation:Hochstehende Lamellen

Fotodokumentation:Klebstofffehler

Fotodokumentation:Zu spät eingelegt

Fotodokumentation: UV-Fluoreszenz-Fotografie

Der Verfasser dieses Fachbeitrages ist der öffentlich bestellte und vereidigte Berufssachverständige und Lehrbeauftragte Siegfried Heuer M.I.E.

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