Tatort: = Fußboden in einem Verbrauchermarkt

Zur Sache

Es gilt doch als allgemein anerkannte Regel der Bautechnik/des Fachs unter Einbeziehung der VOB, Teil C, DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“, dass Untergründe, die erdreichangrenzen besonders problematisch sind hinsichtlich Kapillarfeuchtigkeit, innere Kondensation und ggf. auch Hydrodruck/Stauwasser.

Verdammt nochmal, warum erfolgte keine Sorgfalts-, Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers gegenüber dem Besteller

In einem besonders repräsentativen/exklusiven Kaufmarkt hat der Auftragnehmer auf einer Grundrissfläche von ca. 1.500 m2 (= keramische Fliesenebene/Plattenebene) Design-Bodenbelagelemente verlegt bzw. geklebt.

Dem Auftragnehmer war bekannt, dass es sich hierbei um einen gegen erdreichangrenzenden Untergrund handelt, da er weiterhin den Auftrag hatte, die „Ausschlitzungen“ mit einem Mörtel zu egalisieren, bevor die üblichen systembezogenen Verlegewerkstoffe zum Einsatz kamen.

Die vorgenannte Fliesenebene/Plattenebene wurde als Bestandsuntergrund vor vielen Jahren hergestellt, die Fliesenfugen wurden mit einem Zementmörtel ausgefugt/verfugt.

Nach entsprechenden Säuberungsmaßnahmen wurde ein handelsüblicher Dispersionsvoranstrich (= Haftbrücke) auf die Fliesenebene/Plattenebene aufgetragen, also verarbeitet.

Die anschließenden Egalisierungsmaßnahmen/Spachtelarbeiten erfolgten mittels einer handelsüblichen Zementspachtelmasse.

Auf diesen so vorbereiteten Untergrund wurden anschließend die Designplatten/die Design-Elemente mit einem üblichen Dispersionsklebstoff geklebt.

Was ist passiert, welcher Sachverhalt lag vor?

Der Besteller hat gegenüber dem Auftragnehmer nach einer Nutzung von ca. 3 Monaten dieser hier in Rede stehenden Design-Bodenbelagebene Mängelrüge erteilt.

Gerügt wurde, dass sich einzelne Design-Bodenbelagflächen/Design-Bodenbelag-elemente „wurmartig“ verformt haben und partiell auch blasenartige Erhöhungen innerhalb der Design-Bodenbelagebene entstanden sind.

In besonderer Weise konnte der Nachweis erbracht werden, dass sich jeweils im Bereich der Plattenfugen/Fliesenfugen der Design-Bodenbelag einer Formveränderung unterzogen hat.

Sehr deutlich konnten jeweils deckungsgleich zwischen den Fliesenfugen/Plattenfugen die entsprechenden Kohäsionsbrüche innerhalb des Verlegewerkstoffsystems konstatiert werden.

Auch in den Teilflächen, wo innerhalb der Fliesenebene/Plattenebene „Schlitzarbeiten“ stattgefunden haben und diese Schlitze mit einem Zementmörtel (= standfeste Ausgleichsmasse) geschlossen, also egalisiert worden sind, waren ebenfalls gravierende Ablösungen des Bodenbelages, einhergehend mit den bereits genannten Kohäsions-/ Adhäsionsbrüchen nachweisbar.

Auch hochstehende Nahtkanten von Design-Bodenbelagelementen waren nachweisbar.

Einzelfeststellungen = Prüfungen an Ort und Stelle

Nach vorheriger Markierung der bereits mehrfach genannten Verformungen innerhalb der Design-Bodenbelagflächen wurden zerstörerische Prüfmaßnahmen durchgeführt.

Die Design-Bodenbelagelemente in diesen Prüfstellen wurden entfernt, also hochgenommen.

Die schwächste Zone der Klebung/Arretierung wurde jeweils im Fugenbereich der keramischen Fliesen/Platten (die als Untergrund vorhanden waren bzw. vorhanden sind) festgestellt.

In diesen Flächenbereichen, aber auch dort, wo „Ausschlitzungen“ im Untergrund egalisiert worden sind, wurde der nachfolgende Sachverhalt ermittelt:

  1. Weichzonen innerhalb der Verlegewerkstoffe = Ausgleichsschicht/Spachtelmassenschicht und Klebstoffsystem.
    Adhäsions- und Kohäsionsbrüche innerhalb der Verlegewerkstoffe.
  2. Mangelhaftes adhäsives Verhalten der Spachtelmasse/Ausgleichsmasse zum Untergrund hingehend (zu den Fugen der keramischen Fliesen/Platten) und zum Mörtel hingehend, also dort, wo „Ausschlitzungen“ stattgefunden haben.
    Der eingesetzte, also verwendete Dispersionsklebstoff wies einen unüblichen Nachklebeeffekt auf, war partiell reemulgiert und somit auch nicht mehr funktionstauglich.
  3. Der Feuchtigkeitsnachweis

Die elektronischen/kapazitiven Feuchtemessungen aber auch die gravimetrischen Feuchtigkeitsbestimmungen haben bestätigt, dass über die „Mörtelfugen“ der Fliesen/Platten sowie über die mit Mörtel egalisierten „Ausschlitzungen“ überhöhte Feuchtigkeit kapillar schadhaft wirksam georden ist.

Auch weitergehende Prüfungen mit dem Gerät (= Prüfgerät „Testofon“) ergaben den Nachweis einer überhöhten Feuchtigkeit unterhalb der Design-Bodenbelagebene und zwar jeweils im Bereich der Mörtelfugen und der „Ausschlitzungen“.

Aufgrund des nicht üblichen Feuchtegehaltes innerhalb der Verlegewerkstoffsysteme lag die Design-Bodenbelagebene nicht mehr funktionstauglich vor.

Das thermoplastische Verhalten der Design-Bodenbelagelemente ist schadhaft wirksam geworden unter Würdigung/Einbeziehung von Radpressdruckbelastungen (= fahrbare Reinigungsgeräte/Reinigungsschienen und Flurförderzeuge) und selbstverständlich auch durch Kundenfrequentierung im Bereich der Hauptlaufzonen (insbesondere im „Kassenbereich“).

An der Rückseite/Unterseite der Design-Bodenbelagelemente hafteten jeweils mit Bruch-zonenverlagerungen die nicht mehr funktionstauglichen Verlegewerkstoffsysteme an.

Warum hat der Auftragnehmer diesen Schadensfall zu vertreten?

Für den Auftragnehmer war es mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt erkennbar, dass es sich hierbei um einen Untergrund handelt, der erdreichangrenzend vorliegt.

Der Auftragnehmer hat keine Bedenken gegen die Ausführungen seiner Leistungen geltend gemacht.

Grundsätzlich müssen bei erdreichangrenzenden Bauwerksteilen (= Betonsohlen o. ä., Fliesen und Platten o. ä.) nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten
2-K-Epoxidharzsysteme Verwendung finden, in Form einer „kapillarbrechenden Feuchtigkeitsabdichtung“.

Dies gilt auch bezogen auf die bereits genannten „Ausschlitzungen“ und die üblichen zementären Fugenmörtel der Fliesenebene/Plattenebene.

Abschließende Praxishinweise

Der Unternehmer darf sich grundsätzlich nicht ohne eigene Prüfung auf Anordnungen  etc. des Bestellers verlassen, selbst wenn dieser von einem Architekten, Fachplaner oder einer sonst kompetenten Person beraten wird.

Der Unternehmer wird nur dann von seiner Mängelhaftigkeit befreit, wenn er die Fehlerhaftigkeit der Anordnungen, Leistungsverzeichnisse usw. auch bei sorgfältiger Prüfung nicht hat erkennen können.

Wenn Anordnungen des Bestellers (Auftraggebers) oder von diesem übermittelte Leistungsverzeichnisse nicht den Vorgaben der anerkannten Regeln der Technik/des Fachs entsprechen, ist der Unterzeichner grundsätzlich verpflichtet, den Besteller hierauf hinzuweisen.

Es ist grundsätzlich Sache des Unternehmers, die Voraussetzung der Erfüllung der Bedenkenhinweispflicht im Streitfall zu beweisen.

Blasen und Beulen durch aufsteigende FeuchtigkeitFeuchtenachweis schon vor Ort mit DNS-Denzel G815

. In diesem Fall gilt die Design-Bodenbelagebene „an verkehrter Stelle“ als „Dampfbremse“.

Der Verfasser dieses Fachbeitrages ist der Berufssachverständige und Lehrbeauftragte Siegfried Heuer

Mobile Hotline 0171 / 42 14 425

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