Bodenabsenkung
Wenn sich der Boden senkt
In einer besonders repräsentativen/exklusiven Eigentumswohnanlage erfolgten Umbaumaßnahmen im Flächenbereich einer ehemaligen Hofeinfahrt/Tordurchfahrt, welcher in einen Wohnraum umfunktioniert worden ist, und zwar in einen größeren Wohn-/Essbereich auf einer Grundrissfläche von > 50 m² (angrenzend an einen bestehenden Wohnraum = Küchen- und Flurbereich sowie andere Räumlichkeiten).
Nach Angaben des Beauftragten des Generalunternehmers soll die nachfolgende Fußbodenkonstruktion hergestellt worden sein bzw. vorliegen:
1. Stahl-Betondecke unterkellert
2. Balkenlager
3. OSB-Platten
4. Dämmung
5. beheizte Lastverteilungsschicht/Estrichkonstruktion
(= Zementheizestrich ).
Auf diesen so vorbereiteten bzw. vorhandenen Untergrund wurden anschließend Mehrschichtparkettdielen nach entsprechenden Unterbodenvorbereitungsarbeiten verlegt bzw. geklebt und es erfolgte die Arretierung von Holzwerkstoff-Sockelleisten an angrenzende Bauwerksteile (weiß lackiert).
Welcher Sachverhalt wurde im Rahmen eines Gutachtertermins festgestellt?
Beim Betreten des Wohnbereiches war bereits in aufrecht stehender Haltung aber auch selbstverständlich in gebückter Haltung die bereits genannte Fußbodenabsenkung sehr deutlich erkennbar.
Auf einer Länge von ca. 3,00 m jeweils von der Mitte des Raumes ausgehend zu den Außenwänden hingehend war die Absenkung des Fußbodens aufgrund des Fugenabstandes zwischen Unterkante Sockelleiste und Oberkante Fußboden sehr deutlich sichtbar.
Es wurden Fugen bzw. Höhendifferenzen von 15 mm bis 30 mm im Wohnbereich ermittelt.
Zu den Außenwänden hingehend (Straßenseite und Terrasse) wurden Fugenabstände/Höhendifferenzen von 10 mm bis 20 mm konstatiert.
Diese unüblichen Bodenabsenkungen wurden selbstverständlich vom Besteller gegenüber dem Generalunternehmer gerügt.
Handelt es sich um handwerkliche Fehlleistungen des Auftragnehmers oder um fehlerhafte Planungsvorgaben?
Nach einer entsprechenden Akklimatisierung der Prüfgeräte wurden zunächst die Raumklimabedingungen ermittelt:
Raumtemperatur: 20,2° C
Relative Luftfeuchtigkeit: 49,2 %
Bodenoberflächentemperatur: 20,8° C
Taupunkttemperatur: 8,3° C
Hierbei handelt es sich um Mittelwerte aus einer Vielzahl Einzelmessungen.
Diese raumklimatischen Bedingungen wurden ermittelt mit dem Infrarot-Thermometer „Testo 845“ mit Switch-Optik sowie unter Einbeziehung einer Infrarotkamera.
Hierbei handelt es sich um ein elektronisches Infrarotgerät mit umstellbarer Optik für Messungen im Fernfeld und im Scharfpunkt. Ausgerüstet mit einer sehr hellen Kreuzlasermarkierung zur Darstellung des realen Messbereichs und der entsprechenden farblichen Veränderung der Wärmebildkamera. Referenzgenauigkeit + 0,75 °C mit enorm schneller Messtechnik (Scanning 100 ms), Auflösung 0,1 °C, Messbereich
-35 °C … +950 °C.
Nach diesen Maßnahmen erfolgten Kontrollprüfungen mittels eines Resonanztasters.
Bei dem Hohlstellenfühler (= Resonanztaster) handelt es sich um ein relativ einfach erscheinendes, jedoch umso wirkungsvolleres Prüfgerät, das nach dem „Stimmgabelprinzip“ funktioniert bzw. arbeitet.
Es konnte der Nachweis erbracht werden, dass akustisch Hohlleger ermittelt worden sind; gegenläufige Bewegungen, Nachgiebigkeiten waren im Rahmen dieser vorgenannten Prüfmaßnahmen, bezogen auf die hier in Rede stehende Mehrschichtparkettebene, jedoch nicht feststellbar.
Bei der anschließenden stichprobenartigen Überprüfung der Mehrschichtparkettfläche mittels Richtscheit und Messkeile (Ebenheitsmessungen) konnte festgestellt werden, dass erhebliche toleranzüberschreitende Unebenheiten vorliegen (bezüglich der Ebenheit und der Winkligkeit des Untergrundes).
So wurden z. B. auf einem Nennmaß von 1,50 m Unebenheiten von 10 mm nachgewiesen.
Die vorgenannten stichprobenartig durchgeführten Ebenheitsmessungen in der Längs- und Querrichtung erfolgten entsprechend den Anforderungen der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau-Bauwerke“, Ausgabe April 2013.
Ursachenforschung und Lokalisierung nach dem Verursacherprinzip „Obsiegen/Unterliegen“ bezüglich der hier in Rede stehenden Absenkungen der Fußbodenkonstruktion
Nach Abstimmung mit den anwesenden Beauftragten der beteiligten Parteien und deren Prozessbevollmächtigte erfolgten zerstörerische Prüfmaßnahmen.
Der nachfolgende Fußbodenkonstruktionsaufbau lag vor bzw. wurde ermittelt:
- Mehrschichtparkett, ca. 14 mm dick
- Zementestrich, ca. 90 mm dick
- Dämmmatte/Dämmsystem der Heizrohre
- PE-Folie
- Abdichtungsbahn PVC
- Dämmung, ca. 50 mm dick
- weitere Dämmung, ca. 50 mm dick
- OSB-Platte, ca. 18 mm dick
- Hohlraum mit Balkenlager
- bituminöse Abdichtung.
Besondere Anmerkung
Die OSB-Platte lag in den jeweiligen Prüfstellenbereichen aufgeweicht bzw. fühlbar nass vor. Oberhalb der Bitumenabdichtung/Schweißbahnen war Feuchtigkeit im Aggregatzustand flüssig deutlich erkennbar und auch fühlbar.
In dem bereits genannten Hohlraum wurde eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen
68 % bis 90 % gemessen.
Die unüblich hohe Feuchtigkeitskonzentration wurde mittels Testofon und dem Baustofffeuchteprüfgerät „Gann 4050“ nachgewiesen.
Es wurden Feuchtigkeitswerte von > 140 Digits gemessen (= Nassbereich).
Weitere Kontrollprüfungen haben ergeben, dass sich an der Unterseite der OSB-Platte Sporenbildungen und Pilzansammlungen gebildet haben.
Eine weitere Inaugenscheinnahme des Kellerraumes unterhalb der hier in Rede stehenden Räumlichkeit hat ergeben, dass an den Außenwänden deutliche Feuchteschäden vorhanden sind bzw. vorlagen.
Auch hier gab eine Feuchtigkeitsmessung mit dem Baustofffeuchtemessgerät „Gann 4050“ an der Keller-Außenwand einen Wert von > 140 Digits.
Wer hat diesen Fußbodenschaden nach dem Verursacherprinzip (= „Obsiegen/Unterliegen“) zu vertreten?
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Mängelrüge des Bestellers gegenüber dem Generalunternehmer gerechtfertigt ist, da die Fußbodengesamtkonstruktion, insbesondere die Lastverteilerplatte aus Holzwerkstoff (= OSB-Plattenkonstruktion), oberhalb der Betondecke hinsichtlich Feuchteschäden wesentliche Mängel aufwies.
Es kann ausgesagt und festgestellt werden, dass eine Erneuerung der Gesamtkonstruktion aufgrund des vorgenannten Sachverhaltes unabdingbar zeitnah erforderlich ist. Die Tragfähigkeit der Lastverteilungsschicht (= OSB-Holzwerkstoffplatte) kann nicht mehr gewährleistet werden.
Die Schadensursachen
- Bildung von Kondensationsfeuchte (= innere Kondensation)
- fehlende Luftzirkulation im Hohlraum
- Feuchtigkeitseinwirkungen/-konzentrationen im Hohlraum aufgrund von Dampfdiffusion und/oder kapillarer Feuchtigkeitsbewegung.
Die vorgenannten Schadensparameter konnte der Auftragnehmer für Parkettarbeiten mit der im Verkehr üblichen Sorgfalt nicht erkennen. Diesbezüglich liegt ein „verdeckter Mangel“ vor.
Der Verfasser dieses Fachbeitrages ist der öffentlich bestellte und vereidigte Berufssachverständige und Lehrbeauftragte Siegfried Heuer
Mobile Hotline 0171 / 42 14 425
Einige erläuternde Fotos dazu: